Sich rantasten unter Wasser

Seine Buchstaben LR stehen für Long Reach und sein besonderes Kennzeichen ist der lange Ausleger, der es auf zehn Meter bringt. Zusammen mit seinem sieben Meter langen Stiel reicht der Cat Kettenbagger 340F LRE Wassertiefen zwischen sieben und neun Meter – abhängig von der Bodenart und der auftretenden Körnung im Kieswerk Bargstedt. Bevor er an dem Standort, der zwischen Neumünster und Rendsburg liegt, vor vier Monaten in Betrieb ging, wurden verschiedene Einsatzoptionen samt Pro und Contra gegenübergestellt.

Geschäftsführer Thomas Burrer (rechts), Fahrer Timo Rutzen auf der Maschine, und Zeppelin Verkäufer Dirk Carstensen (links). Fotos: Zeppelin

Seit sechs Jahrzehnten war der Abbau von Sand und Kies an verschiedenen Standorten einem Schrapper vorbehalten. Das Fördergerät besteht aus einem umlaufenden Stahlseil mit angehängtem Kübel und einer Umlenkrolle in hundert Metern Entfernung, die von einem Dieselmotor angetrieben wird. Der sechs Kubikmeter große Kübel wird dabei leer bis zur Umlenkrolle gezogen und anschließend wird die Laufrichtung des Stahlseiles geändert. Beim Zurückziehen füllt sich der Kübel und schiebt das geförderte Material zur Antriebsstation. „Solche Schrapper werden in der Region oft mit einem vier oder sechs Kubikmeter großen Schürfkübel eingesetzt. Doch unser Gerät war alt und anfällig für Reparaturen“, so Geschäftsführer Thomas Burrer.

Dabei war es nicht alleine das Alter, das für einen Wechsel sprach. „Das Problem ist: Bei einem Schrapper zieht man fast immer die gleiche Bahn und es bilden sich somit Senken. Das Material rutscht dann nach“, erklärt der Unternehmer, der die eingesetzte Technik genau gegeneinander abwägte. Von der wirtschaftlichen Warte aus betrachtet, kann ein Schrapper kostengünstig betrieben werden. Das sind die Erfahrungen, die das Kieswerk Bargstedt machte. „Laufende Kosten waren überschaubar, aber genauso auch die erzielte Tagesleistung“, führt Thomas Burrer aus. Immer mehr eingeschränkt wurde der Einsatz dagegen, weil durch den Abbaufortschritt inzwischen Bereiche der Endauskiesung erreicht werden, um an die Kies- und Sandvorkommen zu kommen. Früher wurde häufig nur bis zum Wasser abgebaut, inzwischen werden die Vorkommen komplett ausgeschöpft. Das gilt für alle Abbaustätten in der Region. So beobachtet der Unternehmer, dass seit 15 Jahren der Abbau unter Wasser zugenommen hat und immer mehr Betriebe dafür einen Seil- oder wie die Kieswerke Bargstedt – einen Hydraulikbagger einsetzen.

Zusammen mit seinem sieben Meter langen Stiel reicht der Cat Kettenbagger 340F LRE Wassertiefen zwischen sieben und neun Metern.

Da kommt es auf Mobilität an. Ein Hydraulikbagger wie ein Cat 340F LRE kann sich ohne großen Aufwand im Abbaugelände bewegen, wenn Flächen nachbearbeitet werden müssen. Anders als der Schrapper – er hatte, obwohl er von Zeit zu Zeit im Abstand von rund hundert Meter versetzt wird, die Grenzen der Flexibilität erreicht. Eine weitere Alternative wäre ein Seilbagger gewesen. „Er erfüllt zwar das Kriterium Flexibilität. Kostengünstig ist er auch, aber er arbeitet langsamer, wenn er zugleich auch mehr Masse bewegt. Darauf fußen unsere Erfahrungen in unserem anderen Kieswerk Söffker, wo ein solcher eingesetzt wird“, so Burrer. Doch ein Seilbagger hat einen entscheidenden Haken: Die Maschine erfordert einen speziell geschulten Fahrer. „Damit machen wir uns zu stark abhängig“, sagt der Firmenchef. Somit schied auch diese Variante bei der Anschaffung aus

Die Konsequenz: Die Mitarbeiter Erwin und Timo Rutzen teilen sich nun den Fahrersitz des Cat 340F LRE quasi als Halbtagsjob. Vormittags übernimmt der Vater die Steuerung, nachmittags darf sein Sohn ran. Die andere Hälfte des Arbeitstages fahren sie Radlader in Form von einem Cat 966MXE. Dadurch dass sie sich abwechseln können, können sie sich im Fall von Krankheit oder Urlaub auch mal vertreten.

„Das neue Gerät ist schon eine große Verantwortung“, meint Timo Rutzen, der vor dem 43-Tonnen-Bagger einen Minibagger bewegte. Die Umstellung fiel dem jungen Maschinisten folglich anfangs schwer. Denn: „Man muss den Umgang langsam lernen, sich rantasten und ein Gefühl für den Bagger entwickeln, wenn man mit dem Ausleger ins Wasser eintaucht, dann den Löffel abzieht und mit Sand füllt.“ Am Ausleger brachten die Maschinisten bei zwei, vier und sechs Meter Marken zur leichteren Orientierung an, damit sie wissen, wie tief sie diesen noch unter Wasser tauchen können. Immer im Blick müssen sie auch die Beschaffenheit des Untergrunds haben. „Wenn er zu weich ist, geht das zu Lasten der Standsicherheit“, erklärt der junge Fahrer. Damit die Baumaschine stabil steht, erhielt sie 850 Millimeter breite Bodenplatten. Auch zu weit an die Kante dürfen der Senior- und Junior-Baggerfahrer nicht kommen, sonst rutschen sie mit dem Gerät ab und würden mit der Maschine im Wasser landen. „Aufpassen muss man auch, dass man das Material beim Rausholen nicht bis zur Kette des Laufwerks zieht“, so Timo Rutzen. Beim Schwenken des langen Arms vertraut er der angebrachten Seiten- und Rückfahrkamera. „Wenn wir dann den 1,5 Kubikmeter großen Tieflöffel mit dem nassen Material auf ein Haufwerk entleeren, müssen wir ebenfalls aufpassen, dass dann davon nichts auf die Frontscheibe spritzt und die Sicht verdeckt“, sagt er.

Der geforderte Rohstoff muss erst ausbluten, sprich entwässern, bis ihn einer der drei Cat Radlader 966MX aufnehmen und damit den Bunker beschicken kann. Er befördert das Material zum Brecher oder zur Waschanlage, um daraus Zuschlagstoffe für Beton- und Asphaltmischwerke sowie Frost- und Tragschichten für den Straßenbau herstellen zu können. Die Produkte werden selbst über die zum Firmenverbund gehörende Transportgesellschaft Sandkorn in einem Umkreis von 80 Kilometern bis nach Hamburg und Kiel zu den Kunden geliefert. Einer der derzeit größten Abnehmer ist die Baustelle an der A7.

Die Waschanlage erfordert mindestens 150 Kubikmeter pro Stunde Kies – das ist die Zielvorgabe für den Cat Kettenbagger. Das Vorkommen macht 80 Prozent Sand und 20 Prozent Körnung aus. „Um an diese zu kommen, müssen wir viel Material bewegen“, macht Thomas Burrer deutlich.

Ausgerüstet wurde der Bagger mit einer Zentralschmieranlage für den Unterwassereinsatz. „Es ist wichtig, dass mehr Schmiermittel an die empfindlichen Stellen kommt. Denn der Sand im Wasser würde sonst für starken Abrieb sorgen. Er ist Gift für die Löffelaufnahme“, erklärt der Fahrer. Punkte, die permanent Kontakt mit dem Wasser haben, haben Vater und Sohn ständig im Blick – sie können sich nicht nur auf die Zentralschmieranlage verlassen. Bevor sie mit ihrer Arbeit anfangen, machen sie immer einen Check und schmieren selbst noch mal die Schlüsselstellen nach. Aufgrund des Unterwassereinsatzes wird biologisch abbaubares Schmiermittel verwendet. „Der Cat Hydraulikbagger verlangt schon ein gewisses Maß an Pflege, was ein Grund für die Zusammenarbeit mit der Zeppelin Niederlassung Hamburg ist. Die Servicemitarbeiter wissen, was zu tun ist, wenn sie an dem für den Nassabbau vorgesehenen Gerät Hand anlegen müssen. Und im Vertrieb haben wir mit Dirk Carstensen einen Ansprechpartner, der sich um unsere Belange kümmert, falls es erforderlich wird“, äußert sich Burrer.

Januar/Februar 2018