Der Trend zur Automatisierung

Nicht wenige Trends in der Baubranche nehmen ihren Anfang auf der bauma. Auf der in München stattfindenden Messe werden neue Technologien und Dienstleistungen präsentiert, welche die Prozesse und Arbeitsabläufe auf der Baustelle nachhaltig verändern werden: Sie führen zur Automatisierung von Bauprojekten sowie zur Steigerung ihrer Effizienz und Wirtschaftlichkeit. Das zentrale Thema ist dabei die durch Digitalisierung ermöglichte Vernetzung. JimUmpleby, der Vorsitzende des Vorstands und Aufsichtsrats (CEO and Chairman of the Board of Directors) von Caterpillar, gibt einen Ausblick darüber, was der weltgrößte Baumaschinenhersteller auf der bauma und in der Zukunft vorhat. In Deerfield bei Chicago sprach er mit Peter Gerstmann und Michael Heidemann, dem Vorsitzenden und dem stellvertretenden Vorsitzenden der Gesch.ftsführung des Zeppelin Konzerns, über die Innovationen und Trends, auf die sich die Kunden von Caterpillar freuen können.

Jim Umpleby (Mitte), der Vorsitzende des Vorstands und Aufsichtsrats von Caterpillar, gibt Peter Gerstmann (rechts) und Michael Heidemann (links), dem Vorsitzenden und dem stellvertretenden Vorsitzenden der Geschäftsführung des Zeppelin Konzerns, einen Ausblick auf das, was der weltgrößte Baumaschinenhersteller in Zukunft plant.

Michael Heidemann: Eine verbreitete Meinung ist, dass vernetzte Maschinen die Zukunft der Baubranche sind. Welche Vision hat Caterpillar für die Entwicklung der Baumaschinen in den nächsten zehn bis 20 Jahren?

Jim Umpleby: Baumaschinen von Caterpillar werden in Zukunft intelligenter sein als je zuvor – mit mehr Automatisierung, integrierten Technologien und digitalen Lösungen, die den Erfolg unserer Kunden unterstützen. Bevor wir uns näher mit der Vernetzung auseinandersetzen, die für die Baustelle der Zukunft von wesentlicher Bedeutung ist, will ich erst kurz das digitale Modell von Caterpillar umreißen. Dieses beruht auf drei Säulen: den Vernetzungsfunktionen, einer Plattform und verschiedenen Apps. Die Vernetzungsfunktionen sind die Grundlage dafür, dass Daten von der Maschine an Technologien außerhalb der Maschine gesendet werden können. Dort werden die Daten dann aufbereitet, etwa für die Nutzung in einer App. Ohne diese Vernetzung ist der Kunde auf die in der Maschine verbaute Ausstattung beschränkt. Die erfassten Daten werden auf einer digitalen Plattform gesammelt, in dieser Umgebung werden sie aufwendig analysiert, aufbereitet und zur Entwicklung gemeinsamer Dienstleistungen für unsere innovativen Apps genutzt. So ermöglichen wir es unseren Kunden, Einblicke in wichtige Bereiche wie den Kraftstoffverbrauch, Standort oder Betrieb ihrer Maschinen zu erhalten. Vernetzung ist außerdem die Grundlage für die Automatisierung in der Baubranche – und dank über 20 Jahren Erfahrung mit autonomen Anwendungen im Bergbau ist Caterpillar in der Lage, vergleichbare Lösungen auch auf den Baustellen anderer Industriezweige zum Einsatz zu bringen. Schon heute ist jede neue Cat Baumaschine ab Werk mit Vernetzungsfunktionen ausgestattet. Wir haben uns das ehrgeizige Ziel gesetzt, immer mehr alte und neue Cat Maschinen zu vernetzen, auch ganze Flotten.

Peter Gerstmann: Auf der bauma wird der Fokus auf vernetzten Maschinen liegen. Das Thema Vernetzung wird häufig mit Unternehmen assoziiert, die über große Maschinenflotten verfügen. Wie können auch kleine und mittlere Unternehmen von vernetzten Baumaschinen profitieren?

Jim Umpleby: Vernetzte Maschinen erhöhen die Verfügbarkeit von Daten hoher Qualität, die zur Steigerung von Produktivität und Effizienz beitragen. Das ist gerade für kleine und mittlere Unternehmen wichtig, da es für sie darauf ankommt, das Beste aus ihren Maschinen herauszuholen. Für die Nutzung der Vernetzungsfunktionen stehen verschiedene Tools zur Verfügung, die auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten sind. Dank vernetzter Maschinen können unsere Kunden ihre gesamte Flotte verwalten. Im Mittelpunkt der Flottenverwaltung steht dabei das Portal my.cat.com. Über dieses Portal können Kunden unter anderem auf Maschinenstandorte, Komponenten- und Servicehistorie sowie auf Prüfberichte zugreifen. Darüber hinaus ermöglicht es unsere neue mobile App, auch unterwegs den Überblick über Maschinenstandorte, Betriebszeiten, Kraftstoffverbrauch und Auslastung zu behalten. Vision Link, die Telematik- und Produktivitätslösung für die Baubranche, die von großen und kleinen Kunden bereits eingesetzt wird, ist über Schnittstellen sowohl an die Website als auch an die App angebunden. Unser Ziel ist es, sämtliche Lösungen in dieser Weise zu integrieren, um unseren Kunden ein möglichst reibungsloses Benutzererlebnis zu bieten. So soll der Kunde eines Tages von jedem beliebigen Ort und von jedem Gerät aus mit einem einzigen Benutzerkonto auf seine Daten zugreifen können.

Peter Gerstmann: Wo liegen Ihrer Meinung nach die größten Hindernisse für die Digitalisierung? Gibt es Faktoren, welche die Entwicklung in diesem Bereich erschweren?

Jim Umpleby: Für den Einsatz digitaler Technologien sind oft moderne Maschinen nötig, daher spielt der Erneuerungszyklus einer Flotte natürlich eine Rolle dabei, wie schnell die Digitalisierung vollzogen werden kann. Die zunehmende Etablierung digitaler Technologien erfordert die kontinuierliche Weiterentwicklung von Maschinen, Baustellenabläufen und den für die Vernetzung notwendigen Telekommunikationstechnologien. Die Planung einer Baustelle läuft inzwischen komplett digital ab, doch die späteren Arbeitsphasen sind noch nicht so weit vorangeschritten. Während branchenweit einheitliche Standards für digitale Lösungen noch in der Entwicklung begriffen sind, unterstützen wir unsere Kunden schon heute dabei, ihre täglichen Betriebsabläufe sicher und in Echtzeit zu managen. Unser Team für Baustellenlösungen hilft Kunden dabei, über die rein mechanischen Möglichkeiten der Maschine hinaus die Maschinenauslastung zu verbessern, die Effizienz zu steigern und erfolgreicher zu sein.

Michael Heidemann: Im Bereich der Wartung werden vorausschauende Ansätze immer wichtiger. Aber warum dauert es so lange, bis diese Konzepte in größerem Maßstab angewandt werden können, und wo besteht noch Verbesserungsbedarf?

Gemeinsamer Austausch über Trends von Baumaschinen und Entwicklungen im Service in Deerfield bei Chicago. Fotos: Caterpillar

Jim Umpleby: Tatsächlich umfasst das Portfolio von Caterpillar bereits heute eine Reihe digitaler Lösungen, die Kunden mit Flotten aller Größen im Bereich der Wartung unterstützen. Darunter befinden sich mobile Apps wie die bereits erwähnte Cat App, mit der sich Maschinenstandort, Betriebszeiten, Kraftstoffverbrauch und Auslastung verfolgen lassen, aber auch komplexere Lösungen. Eine ist die mobile App Cat Inspect. Sie ermöglicht es Kunden, mit einem mobilen Endgerät eine Maschineninspektion vor Ort durchzuführen, Wartungs- oder Reparaturbedarf umgehend zu erkennen und direkt mit ihrem Händler in Kontakt zu treten. Komplexere Lösungen wie MineStar oder Vision Link bieten für Maschinen aller Hersteller noch mehr Funktionen im Hinblick auf die Kostensteuerung, eine längere Maschinenlebensdauer und höhere Sicherheit. Unsere komplexen Lösungen erfordern natürlich die Auswertung großer Datenbestände aus unterschiedlichen Quellen. Wir entwickeln für Caterpillar Händler wie Zeppelin Tools, die maschinelles Lernen für die Analyse dieser Datenmengen einsetzen und dem Kunden Wartungsmaßnahmen vorschlagen, wenn eine bestimmte Entwicklung erkannt wird. Unser Anliegen bleibt dabei immer, unsere Kunden zu entlasten und ihnen Lösungen zu bieten, die das Vorhalten und Betreiben von Maschinen einfacher machen. Mit dem Fortschritt der technologischen Entwicklung stehen uns dafür immer mehr Möglichkeiten zur Verfügung.

Peter Gerstmann: Wie wird der Remote Service, den Caterpillar auf der bauma erstmalig vorstellt, die Wartung und Reparatur von Baumaschinen verändern?

Jim Umpleby: Caterpillar unterstützt Unternehmen bei der Senkung von Vorhalte- und Betriebskosten über die Maschinenlebensdauer. Mit Remote Flash und Remote Troubleshoot, unseren neuen Entwicklungen in diesem Bereich, können Kunden durch Software-Updates via Fernzugriff den effizienten Betrieb ihrer Maschinen sicherstellen und Stillstandszeiten minimieren. Ähnlich den Software-Updates auf einem Smartphone werden Caterpillar Händler in der Lage sein, Aktualisierungen an kompatible Maschinen zu senden, die per Mobilfunk mit Product Link verbunden sind. Aber es geht nicht nur um Software-Updates. Caterpillar Händler können per Fernzugriff Fehlerdiagnosen stellen und den Maschinenzustand überwachen. So können die Händler nötige Maßnahmen erkennen und sicherstellen, dass sie über die richtigen Ersatzteile oder Werkzeuge für eine eventuell anstehende Reparatur verfügen.

Michael Heidemann: Unsere Kunden haben zunehmend Schwierigkeiten, geeignetes Personal für die Bedienung der Maschinen zu finden. Was muss ein Mitarbeiter in Zukunft können, um die neuesten Baumaschinen zu bedienen oder zu warten? Wie verändern sich die geforderten Fähigkeiten und wie sieht die Zukunftsperspektive für die Beschäftigten insgesamt aus?

Jim Umpleby: Die Bedienung und Wartung von Baumaschinen ist eine attraktive und bereichernde Tätigkeit, die sich über die Jahre hinweg zu einem hoch technisierten und computerorientierten Beruf entwickelt hat. Branchenweit steigt die Nachfrage nach qualifizierten Technikern und Bedienern. Neben dem Wissen über die Maschinen selbst wird in Zukunft auch zunehmend Fachwissen über Vernetzung und Automatisierung eine Rolle spielen. Ähnlich wie in der Automobilindustrie werden digitale Analysetools und Evaluierungsverfahren für die Diagnose und Behebung von Maschinenfehlern unabdingbar sein, ebenso wie für sämtliche Aspekte rund um die Vernetzung und Digitalisierung auf der Baustelle. Darüber hinaus vereinfacht die zunehmende Automatisierung die Bedienung der Maschinen.

Peter Gerstmann: Welchen Einfluss könnte künstliche Intelligenz darauf haben, wie Baumaschinen in Zukunft eingesetzt werden?

Jim Umpleby: Es gibt zwei wichtige Bereiche, in denen künstliche Intelligenz das Potenzial hat, den Bausektor zu verändern. Der erste Bereich ist die Echtzeit-Optimierung und -Koordinierung aller Maschinen auf der Baustelle. Bei der Planung und Gestaltung von Baustellen kommt heutzutage bereits modernste Technik zum Einsatz. Die Koordinierung der eigentlichen Arbeiten läuft aber häufig noch über Walkie-Talkies und Handzeichen. Auf Grundlage der schon bestehenden Cat-Connect-Technologien entwickelt Caterpillar Lösungen, die auf die Optimierung und Koordinierung der Arbeit auf der Baustelle ausgerichtet sind. Der zweite wichtige Bereich ist die Automatisierung und der autonome Betrieb von Maschinen. Dank künstlicher Intelligenz schaffen wir Technologien, mit denen die Arbeit des Maschinenbedieners sicherer und produktiver wird. Am Ende dieser Entwicklung stehen völlig autonome Maschinen.

Michael Heidemann: Für viele Unternehmen gewinnt das Thema Nachhaltigkeit an Bedeutung, da sie aus Rücksicht auf Anwohner zunehmend auf die Emissionswerte von Baumaschinen achten. Gleichzeitig werden in vielen Städten emissionsfreie Zonen eingeführt. Wie beurteilen Sie die abnehmende Akzeptanz in Bezug auf Baulärm und Abgase?

Jim Umpleby: Hocheffiziente Energieumwandlung und Elektrifizierung sind für Caterpillar wichtige strategische Bereiche. Mit unseren Technologien in dieser Sparte arbeiten wir auf eine deutliche Senkung der Vorhalte- und Betriebskosten hin, während wir gleichzeitig die Leistungsdichte und den Einsatz alternativer Kraftstoffe erhöhen, die Effizienz von Antriebssystemen maximieren und die Elektrifizierung unserer Produktlinien ausweiten. Unsere europäischen Kunden sind mit sich verändernden Erwartungen und Anforderungen konfrontiert, insbesondere im städtischen Raum. Auf der bauma sind wir mit mehreren vollständig oder teilweise elektrisch angetriebenen Maschinen vertreten. Darüber hinaus setzen wir uns immer wieder mit der Frage auseinander, welche Technologien einen Mehrwert für unsere Kunden schaffen, sei es durch bessere Kraftstoffeffizienz, leistungsstärkere Produkte, höhere Produktivität, reduzierte Treibhausgasemissionen oder einen geringeren Lärmpegel.

März/April 2019