Corona-Krise am Bau abwenden

Noch wird im Land gebaut, doch die Corona-Krise macht der Bauwirtschaft immer mehr zu schaffen. Ohne die Maßnahmen der Politik zur Unterstützung müssten zahlreiche Betriebe Insolvenz anmelden.

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Die Bauwirtschaft unternimmt derzeit alles, um den Baustellenbetrieb aufrechtzuerhalten, doch das ist nicht überall möglich und erste Betriebe geraten bereits in finanzielle Schieflage. „Die Maßnahmen der Politik zur Unterstützung der Betriebe sind unverzichtbar. Ohne diese würden zahlreiche Betriebe der Bauwirtschaft schlicht schließen müssen. Denn selbst bei Kurzarbeit laufen die Betriebskosten weiter, Planungen für Bauwerke gehen ins Leere und es kommen kaum noch Aufträge über den bisherigen Bestand herein, sodass es spätestens in der zweiten Jahreshälfte absehbar eng werden wird“, beschreibt Thorsten Freiberg, Vorstandsvorsitzender des Baugewerbeverbandes Schleswig-Holstein die Lage.

In dieser Situation greifen die Mittel, die Bund und Land in einem historisch zu nennenden Hilfepaket zur Verfügung stellen. „Waren vorher nur die Betriebe bis zehn Mitarbeiter bereits eine Zielgruppe des Maßnahmenprogramms zur Liquiditäts- und Arbeitsplatzsicherung, greifen jetzt die neuen Bedingungen auch für unsere Betriebe mit mehr Mitarbeitern“, so Thorsten Freiberg. Damit könne vielen Unternehmern, unter Nutzung der Zuschüsse und der günstigen Kredite, geholfen werden. „Ansonsten wären im Schnitt nach den Zahlen von unserer Expertenplattform für das Handwerk in Schleswig-Holstein, perfakta, 16 Prozent der Baubetriebe akut gefährdet und damit rund zehn Prozent aller Arbeitsplätze vernichtet“, so Thorsten Freiberg weiter. Denn nach aktueller Studie geht die Krise auch an der Bauwirtschaft nicht vorbei. Der Geschäftsführer von perfakta.SH e. V. – Handwerk in Zahlen, Christof Tatka, stellt hierzu gezielte Beratungsangebote für die Innungsbetriebe des Baugewerbes auf.

Das Wirtschaftsministerium und die IB.SH arbeiteten mit Hochdruck an der Umsetzung der Nothilfe-Programme. Bereits jetzt liege eine sehr hohe Anzahl an Zuschussanträgen von betroffenen Unternehmen vor und man sei dabei, diese so schnell wie möglich zu bearbeiten, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Wirtschaftsminister Dr. Bernd Buchholz bat zugleich um ein wenig Geduld: „Uns erreichen fast im Minuten-Takt Anfragen, wo und wie genau nun Anträge zu stellen sind. Ich kann versichern: Wir arbeiten mit Hochdruck daran.“

Vor diesem Hintergrund raten die Verbände von Die Bauwirtschaft im Norden, der Baugewerbeverband Schleswig-Holstein und der Wirtschaftsverband Bau-Nord e.V., ihren Mitgliedern, die Anträge so bald wie möglich und so umfassend wie notwendig zu stellen. „Es ist wichtig für unsere Bauwirtschaft, Planungssicherheit gerade in finanzieller Hinsicht zu haben. Wir kennen ja schon seit Jahrzehnten unsere Winter-Kurzarbeit, aber nicht in dieser breiten Fläche und schon gar nicht in so vielen Fällen mit dieser langen Dauer und in unsere Hauptleistungszeit nach dem Winter hinein“, so die Verbandschefs Thorsten Freiberg (BGV) und Rolf Fischer vom Wirtschaftsverband Bau-Nord e.V. Sie raten auch dazu, nicht nur auf einzelne Anträge zu setzen, sondern alle Möglichkeiten zu prüfen und zu nutzen. Von Stundungsmöglichkeiten und Aussetzungsmöglichkeiten bei Steuern, Berufsgenossenschaft, Krankenversicherungsbeiträgen bis hin zur KfW. „Besser einmal prognostisch nicht auf die Kommastelle geschaut, als nachher nachbessern zu müssen“, so der Rat.

Viele Mitglieder hätten a priori Probleme mit einer neuen Verschuldung. Diese sei allerdings der Hauptbestandteil der Unterstützungsprogramme. „Wenn dann die Umsatzerwartungen einbrechen und höhere Kosten von einem fordernden Tarifpartner wie der IG Bau in der laufenden Tarifrunde am Horizont drohen, schlägt das vielen Bauunternehmern auf den Magen“, ist sich Thorsten Freiberg sicher. Aber es führe kein Weg an der Nutzung dieser Hilfen vorbei, auch um für die Zeit nach Corona schnell handlungsfähig zu sein. Thorsten Freiberg unterstützt die Forderung von Experten, jetzt sehr genau auf die Arbeiten der federführenden Banken zu schauen, dass vor allem bei Kreditvoraussetzungen betriebliche Kennzahlen großzügig bewertet werden. Die EU habe das ja für diese Phase schon freigegeben. So dürfe selbst ein höheres als das normale Kreditausfallrisiko nicht zu einem KO-Kriterium führen. 

Trotzdem gehen die Mitgliedsbetriebe mit der Situation verantwortlich um und Arbeitgeber und Arbeitnehmer rücken enger zusammen. Denn beide wissen, dass es am Ende bei der Schadensbegrenzung um Betriebe und damit auch um Arbeitsplätze geht. Zusätzlich hat die Bauwirtschaft im Norden erreicht, dass das betriebswirtschaftliche Expertenteam von perfakta den Mitgliedern der beiden Verbände beratend zur Seite steht und hier im jeweiligen Einzelfall Unterstützung leistet. „Es ist vor allem für die Programmüberprüfung und für einige Banken wichtig, die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen parat zu haben. perfakta kann hier aus frischen Betriebsvergleichen für die Baubranche heraus wertvolle Hilfestellungen geben. Aus diesen lässt sich dann der wegen der Corona-Krise notwendige Finanzbedarf ermitteln“, bewertet Rolf Fischer die vielen Antragsvarianten der unterschiedlichen Programme. Er hofft auf übersichtliche Abwicklungen ohne bürokratische Hürden.

März/April 2020