Wellness-Programm für Muldenkipper

Abwägen müssen Unternehmen immer wieder, wenn sie nach der wirtschaftlichsten Lösung für ihren Maschinenpark suchen. Da kann eine Neumaschine die passende Wahl sein, genauso gut aber eine Miet- oder Gebrauchtmaschine infrage kommen. Eine weitere Option ist, eine Baumaschine nach ihrem ersten Maschinenleben einer Überholung zu unterziehen, damit sie dann in der zweiten Lebensphase wieder voll durchstarten kann. Das Wellness-Programm, das Caterpillar und Zeppelin seit 2003 gemeinsam auf den Weg gebracht haben, heißt Rebuild. Da geht es nicht darum, ein paar oberflächliche Gebrauchsspuren zu tilgen, sondern um eine tiefgehende Rundumerneuerung. Für diese Form der kompletten Instandsetzung haben sich die Hartsteinwerke Sooneck GmbH bei ihrem Cat Muldenkipper 775F entschieden – getreu nach dem Motto: aller guten Dingen sind drei.

Denn für das Unternehmen, das seit 1963 zur holländischen Unternehmensgruppe de Beijer Groep BV aus Dodewaard gehört, ist es inzwischen die dritte Maßnahme: So wurden bereits zwei Muldenkipper vom Typ 775E von der Zeppelin Niederlassung Frankenthal auf diese Weise flottgemacht, die nach wie vor zusammen mit einem weiteren Cat 775G und zwei weiteren Skw gleicher Größenklassen, aber von einem anderen Hersteller, im Einsatz sind. „Positive Erfahrungen in der Vergangenheit unterstützten die Entscheidung, auch den Vertreter der F-Serie wieder in die guten Hände des Zeppelin Baumaschinen-Service zu geben. „Die Investitionen behalten wir so im Griff. Der überholte Muldenkipper steht einem Neugerät in nichts nach. Auch im Hinblick auf Nachhaltigkeit ist die Instandsetzung sinnvoll, weil Ressourcen geschont werden“, so Geschäftsführer Han de Beijer. Denn Grundkomponenten wie Rahmen und Mulde konnten weiterverwendet werden, waren diese doch in ihrer Funktion nicht eingeschränkt, wie sich bei der Überholung herausstellte. „Damit verdoppelt sich die Lebensdauer und wir können unsere Maschine eine weitere Einsatzzeit nutzen“, nennt Betriebsleiter Dr. Willem Douw die Vorteile.

Der Skw mit dem Baujahr 2011 hatte es in neun Jahren auf knapp 15 000 Betriebsstunden beim Transport im Quarzittagebau „Sooneck“ in Trechtingshausen, im Welt- und Naturerbe „Mittelrheintal“ zwischen Bingen und Koblenz linksrheinisch, oberhalb des Rheins, gebracht. Der Einsatz in der Gewinnung erfordert entsprechende Vorkehrungen, denn die abgebauten Gesteinsformationen des rheinischen Schiefergebirges in Form von Quarzitischer Grauwacke auf zehn Sohlen sind im hohen Grad abrasiv. Vorsorglich war die Flachbodenmulde daher in aufwendiger „Sandwich-Bauweise“ gefertigt worden. Der Bodengrund besteht aus einem zähen Grundstahl (zehn Millimeter), der maximale Verwindungsmöglichkeiten bei gleichzeitig guter Schweißbarkeit ermöglicht. Ein zweiter Boden mit 16 Millimeter Blechstärke (HB400) sorgt für weiteren Verschleißschutz. Mit einer Gesamtblechstärke von 26 Millimetern ergibt dies eine hohe Festigkeit, die es hinsichtlich Verschleißschutz mit der bekannten HDSteinbruchmulde mit 25 Millimeter HB400-Flachboden aufnehmen kann. „Aufgrund der größeren Elastizität kann die Mulde sich besser den Rahmenverwindungen anpassen und entlastet somit den Rahmen, wodurch dessen Dauerhaltbarkeit weiter verbessert wird“, erklärt Thomas Geiger, Zeppelin Serviceleiter von Frankenthal.

Schlüsselübergabe des Skw 775F von Betriebsleiter Dr. Willem Douw (rechts) an den Fahrer Jakob Lang, der im Herbst seinen wohlverdienten Ruhestand beginnen wird. Dieser konnte seine Rührung nicht verbergen auf seine alten Tage einen „neuen“ Skw fahren zu dürfen. Fotos: Hartsteinwerke Sooneck

Damit war der Skw gut für seine anstehenden Aufgaben gerüstet: Bis zu neun Mal füllt der Cat Kettenbagger 374FL seinen Tieflöffel und belädt damit die Mulde, bis sie ihr maximales Ladevolumen erreicht hat. Je nach Ladesohle muss der Cat 775F zwischen 550 und 1 500 Meter zum Brecher zurücklegen, damit die Aufbereitung erfolgen kann. Die Hartsteinwerke Sooneck GmbH haben für den Cat 775F noch einen weiteren Job vorgesehen, was an der Besonderheit des Standorts direkt am Rhein liegt. Die Abbaustätte profitiert von der geografischen Lage am Wasser – eine eigene Schiffsverladestelle – im Werksjargon „die Rheinverladung“ – und eigene Binnenschiffe tragen dazu bei, die geförderten Baustoffe ohne Zwischentransporte per Lkw über große Distanz zu den Kunden zu bringen. Die Mulden-Beladung übernimmt ein Cat Radlader 982M. Mit dem Muldenkipper erfolgt die Beschickung der Rheinverladung. In der Woche werden bis zu 25 000 Tonnen Baustoffe auf eigene oder fremde Schiffe verladen – abhängig vom Wasserstand des Rheins. Über den Wasserweg werden Transporte rheinauf und rheinab, auch ins benachbarte Ausland, abgewickelt. Den Weg über das Wasser und das Land nehmen nicht nur Wasserbausteine, sondern auch (Beton-) Splitte und Gemische verschiedenster Körnungen für den Straßen- und Galabau. Gabionensteine, Sande und Tone und Bruchstein-Findlinge gehören zum weiteren Lieferprogramm.

„Eine Besonderheit ist bei unserem Quarzittagebau, dass unsere Skw voll beladen auf Fahrwegen abwärtsfahren müssen, die im Schnitt rund 16 Prozent geneigt sind. Die Lastverteilung auf Vorder- und Hinterachse ist somit außergewöhnlich“, erklärt Han de Beijer. Vorausschauend wurden Reifen mit entsprechender Radialtiefe und mit 150-prozentiger Profiltiefe verwendet, die über eine Zickzack-Mittelrille mit versenkter Rippe verfügen, um hohe Traktion sicherzustellen. Das Bergabfahren mit voller Ladung geht darüber hinaus zulasten der Bremsen sowie des Antriebsstrangs. Bei der Bergabfahrt unterstützt zwar der ölgekühlte Retarder, damit die Bremsen nicht heiß laufen, doch das hohe Gewicht beansprucht bei diesem Einsatz im Lauf der Jahre die Komponenten.

Die Transporte sollen darum auch nach dem erfolgten Rebuild wieder mit hoher Schlagzahl in gewohnter Stärke und Zuverlässigkeit geleistet werden. Dafür sorgte dann die Zeppelin Niederlassung Frankenthal und ihre drei ausführenden Monteure Jens Baaden, Oliver Scholz und Timo Straube, indem sie den Muldenkipper innerhalb von vier Monaten wieder in einen neuwertigen Zustand versetzten. Mehr als 350 Tests und Inspektionen wurden von ihnen durchgeführt. Überprüft und eingestellt wurden etwa das Ansprechverhalten, die Festbremsdrehzahl des Wandlers und die Betriebsdrücke. Zu dritt wechselten diese knapp 7 000 Teile, wie Schläuche, Antriebsriemen, Dichtringe, Lager, Bedienknöpfe, Kabel und Schalter. Sie erneuerten verschlissene Gelenkbolzen und Wellenlager. Dieselmotor, Drehmomentwandler, Getriebe und Achsen sowie die Hydraulik wurden komplett instand gesetzt. Dabei flossen zentrale Produktverbesserungen ein, die inzwischen Eingang in die Serie gefunden hatten. Darüber hinaus wurde von den Zeppelin Mitarbeitern die Kabine des Skw überholt – eine neue Armatur sowie ein neuer Sitz wurden eingebaut. Schließlich soll auch der Fahrer Jakob Lang, der zusammen mit 24 weiteren Mitarbeitern zur Belegschaft gehört, von der Überholung durch einen höheren Fahrerkomfort profitieren. Nicht nur er war daher in den Rebuild involviert, sondern Geschäftsleitung, Betriebsleiter und Controller wurden immer wieder über einzelne Schritte in Kenntnis gesetzt. „Das passt ins Bild, das Zeppelin abgibt. Ob im Vertrieb mit David Decker als Gebietsverkaufsleiter oder im Service mit Björn Mayer als Serviceberater sowie mit den Monteuren: Wir arbeiten seit Jahren mit Zeppelin vertrauensvoll zusammen“, äußert sich Han de Beijer zur Partnerschaft.

Damit der Skw auch optisch wieder etwas hermacht, erhielt er eine neue Lackierung sowie neue Beschriftung. Schlusspunkt der Maßnahme: Der Baumaschine wurde eine neue Seriennummer vergeben. Abgesichert ist das Unternehmen über eine entsprechende Garantievereinbarung, die mit der Zeppelin Niederlassung Frankenthal geschlossen wurde. Finanziert wurde die Rebuild-Maßnahme über Caterpillar Financial Services. „Kunden wie die Hartsteinwerke Sooneck kennen inzwischen die Vorteile, die diese bekommen, wenn sie das Maschinenleben auf diese Weise verlängern. Nicht umsonst haben sie sich daher bereits zum dritten Mal für einen Rebuild entschieden. Denn so erhalten sie eine Maschine in neuwertigem Zustand und neuestem Serienstand“, fasst Michael Kallies, Zeppelin Niederlassungsleiter Frankenthal, die Vorzüge zusammen. Und was erwartet sich der Kunde von der überholten Maschine? „Mehrere Jahre lang eine hohe Verfügbarkeit“, lautet die Antwort von Han de Beijer. Auf bis zu zehn Jahre ist die Betriebsdauer des Skw nun vorgesehen – im Vergleich zur Historie des Standortes mag das nur ein Wimpernschlag sein. In diesem Jahrzehnt kann der Steinbruch auf eine zweithundertjährige ununterbrochene Pachthistorie zurückblicken, bekannt ist dieser seit dem 17. Jahrhundert.

Juli/August 2021