Baumaschinen-Generation der Zukunft

Ob erster dieselelektrischer Radlader oder neuer Meilenstein bei Kettenbaggern: Welche Neuentwicklungen bei Caterpillar und Zeppelin die kommende Maschinengeneration einläuten und was der Antrieb für kommende Cat Produkte ist, verrieten Michael Heidemann und Fred Cordes, alter und neuer Vorsitzender der Geschäftsführung der Zeppelin Baumaschinen GmbH. Anlass des Gesprächs war die Staffelübergabe an der Unternehmensspitze. Während Michael Heidemann Anfang Juli deren Aufsichtsratsvorsitzender wurde, übernahm Fred Cordes den Vorsitz in der Geschäftsführung. „Wir haben viele Dinge gemeinsam auf den Weg gebracht und die wollen wir natürlich auch fortsetzen“, stellte der neue Baumaschinenchef klar. Wie bisher ist Michael Heidemann als stellvertretender Vorsitzender der Zeppelin-Konzern-Geschäftsführung für die Ressorts Vertrieb, Marketing und Service sowie für die drei strategischen Geschäftseinheiten: Baumaschinen Europa, Baumaschinen CIS und Rental verantwortlich.

2017, Baumaschinen-Generation der Zukunft, Interview Michael Heidemann und Fred Cordes
Managementaufgaben werden bei Zeppelin mit eigenen Mitarbeitern besetzt. Michael Heidemann hat sein Amt als Vorsitzender der Geschäftsführung an Fred Cordes übertragen, bleibt jedoch nach wie vor im Unternehmen in der Position als Aufsichtsratsvorsitzender der Zeppelin Baumaschinen GmbH und nimmt weiterhin seine eigentliche Hauptaufgabe als Geschäftsführer im Zeppelin-Konzern wahr, die er seit 17 Jahren inne hat. Somit ist er verantwortlich für die strategischen Geschäftseinheiten Baumaschinen Europa, Baumaschinen CIS und Rental.

DEUTSCHES BAUBLATT: Herr Heidemann, der Wechsel an der Unternehmensspitze der Zeppelin Baumaschinen GmbH hat viele überrascht. 25 Jahren haben Sie bei Zeppelin die Entwicklung des Unternehmens maßgeblich geprägt und das Geschäft mit Baumaschinen bestimmt. Kaum vorstellbar, dass sich das ändern soll.

2017, Baumaschinen-Generation der Zukunft, Interview Michael Heidemann und Fred Cordes
Über die positive Marktentwicklung und das Wachstum bei Standard- und Großgeräten, quasi der DNA von Zeppelin in punkto Servicebetreuung, tauschen sich Fred Cordes (links) und Michael Heidemann (rechts) aus, neuer und alter Vorsitzender der Geschäftsführung der Zeppelin Baumaschinen GmbH.

MICHAEL HEIDEMANN: Mein Amt als Vorsitzender der Geschäftsführung an meinen Nachfolger, FRED CORDES, zu übertragen, habe ich ganz bewusst zum 1. Juli 2017 gewählt. Denn genau vor 25 Jahren habe ich bei Zeppelin als Niederlassungsleiter in Oberhausen angefangen – ähnlich wie Herr Cordes auch operativ im Vertrieb von Serviceleistungen in Bremen begonnen hat. In der Branche bin ich seit 37 Jahren und somit schon sehr lange im Baumaschinengeschäft. Es ist aus meiner Sicht genau der richtige Zeitpunkt gewesen, die operative Verantwortung für unser Baumaschinengeschäft in Zentraleuropa, zu dem neben Deutschland, Österreich, Tschechien, die Slowakei und unser Staplergeschäft in Polen gehören, abzugeben. Doch ich bleibe nach wie vor im Unternehmen in der Position als Aufsichtsratsvorsitzender der Zeppelin Baumaschinen GmbH, und vor allem in meiner eigentlichen Hauptaufgabe als Geschäftsführer im Zeppelin- Konzern, für den wir in diesem Jahr einen Umsatz von 2,5 Milliarden Euro erwarten. Konzernchef Peter Gerstmann, mein Kollege Christian Dummler und ich haben die Verantwortung für rund 8 000 Mitarbeiter. Das mache ich übrigens auch bereits seit 17 Jahren. Dort kümmere ich mich um die Ressorts Vertrieb, Marketing und Service sowie um unsere strategischen Geschäftseinheiten Baumaschinen Europa, Baumaschinen CIS und Rental. Somit hängen alle Baumaschinenaktivitäten bei Zeppelin auf Konzernebene unverändert bei mir. Dem Geschäft bleibe ich also auch weiterhin verbunden.

DEUTSCHES BAUBLATT: Wie haben Kunden und Mitarbeiter auf den Wechsel reagiert?

MICHAEL HEIDEMANN: Viele haben mich angesprochen und gesagt: „Es ist sehr schade, dass Sie gehen.“ Aber in Wirklichkeit gehe ich ja gar nicht, sondern gebe eine meiner Funktionen, nämlich die Leitung des Baumaschinengeschäftes in Deutschland und Zentraleuropa, in jüngere Hände. Ich bin jetzt 59 Jahre alt und ich hielt den Zeitpunkt für eine Staffelübergabe für gekommen, insbesondere weil ich mit Herrn Cordes einen so tüchtigen und erfolgreichen Kollegen an meiner Seite habe, der für mich der ideale Nachfolger ist.

DEUTSCHES BAUBLATT: Viele Unternehmen holen sich externe branchenfremde Manager an die Spitze. Bei Zeppelin ist es anders.

MICHAEL HEIDEMANN: Das zeichnet, glaube ich, Zeppelin besonders aus, dass wir Leute bevorzugt in Führungspositionen bringen, die das Geschäft beherrschen. Unser Ziel ist, möglichst viele Managementaufgaben in die Hände eigener Mitarbeiter zu legen. Dafür werden sie in eng miteinander verzahnten Entwicklungsprogrammen auf ihre neue Aufgabe vorbereitet. So gelingt es uns fast immer, wichtige Führungspositionen mit eigenen Mitarbeitern zu besetzen und wir müssen nicht erst am Markt auf Suche gehen.

DEUTSCHES BAUBLATT: Wäre ein direkter Wechsel von der Geschäftsführung beziehungsweise vom Vorstand in den Aufsichtsrat eines DAX-Unternehmens nicht schwierig gewesen?

MICHAEL HEIDEMANN: Sie sprechen den Deutschen Corporate Governance Kodex an, nach dem ein Vorstandsmitglied möglichst nicht direkt in den Aufsichtsrat der gleichen Gesellschaft wechseln soll. Ich glaube, das ist bei uns ein bisschen anders, weil wir als Konzern organisiert sind. Der Aufsichtsrat der Zeppelin Baumaschinen GmbH hat eher eine begleitende und beratende Funktion. Die wichtigen Entscheidungen werden nicht dort getroffen, sondern im Aufsichtsrat der Zeppelin GmbH, also auf Konzernebene. Und das ist ein von der Geschäftsführung unabhängiger, paritätisch mitbestimmter Aufsichtsrat mit Arbeitnehmervertretern und Vertretern des Anteilseigners. Der Vorsitzende ist traditionell bei Zeppelin der Oberbürgermeister der Stadt Friedrichshafen. Weitere Vertreter des Anteileigners sind Unternehmer, Hochschullehrer, Rechtsanwälte und andere Experten, die zusammen mit den gewählten Arbeitnehmervertretern die typischen Funktionen eines Aufsichtsrates übernehmen, also vor allem die Geschäftsführung beraten, überwachen und kontrollieren. Der Aufsichtsrat der Zeppelin Baumaschinen GmbH hat grundsätzlich auch diese Aufgabe, berät aber vor allem auch die Geschäftsführung im Auftrag des Gesellschafters, also der Zeppelin GmbH. Mir ist aber an dieser Stelle wichtig klarzustellen, dass ich die operative Verantwortung für die Zeppelin Baumaschinen GmbH zum 1. Juli abgegeben habe. Ich will nicht der heimliche Chef im Hintergrund sein. Der neue Chef bei Zeppelin Baumaschinen heißt jetzt Fred Cordes.

DEUTSCHES BAUBLATT: Welche Impulse wollen Sie als neuer Vorsitzender der Geschäftsführung der Zeppelin Baumaschinen GmbH setzen?

2017, Baumaschinen-Generation der Zukunft, Interview Michael Heidemann und Fred Cordes
„Im nächsten Jahr wird eine völlig neue Generation von Kettenbaggern auf den Markt kommen, die alles andere in den Schatten stellen wird“, kündigt Fred Cordes an.

FRED CORDES: Auch wenn sich vielleicht die Rollen geändert haben, so sind es nach wie vor die gleichen handelnden Personen mit etwas unterschiedlichen Aufgabenschwerpunkten. Natürlich stimmen wir uns weiterhin ab, das hat sich in unserer langen und engen Zusammenarbeit sehr bewährt. Das ist wichtig bei einer solchen Staffelübergabe. Wir haben viele Dinge gemeinsam auf den Weg gebracht und die wollen wir natürlich fortführen. Alles andere wäre auch unlogisch, wenn sich plötzlich alles verändern würde. Schließlich sind wir sehr erfolgreich unterwegs und das wollen wir auch weiterhin sein in den nächsten Jahren. Grundsätzlich ist keine Revolution zu erwarten, sondern das, was wir bislang auf den Weg gebracht haben, wollen wir weiter ausbauen. Das gilt vor allem für unsere marktführende Position.

DEUTSCHES BAUBLATT: So wie sich die deutsche Baubranche entwickelt, besteht dazu auch kein Anlass, davon abzukommen. Aber wie steht es mit dem Baumaschinengeschäft in Osteuropa?

MICHAEL HEIDEMANN: Wenn Sie mich das vor ein paar Wochen gefragt hätten, hätte ich gesagt, gut. Wir merken im Moment, dass die Nachfrage wieder an Fahrt aufnimmt. Das gilt für Russland und das gilt auch für Länder wie Armenien und für die Ukraine. Doch wenn US-Präsident Donald Trump die verschärften Sanktionen gegen Russland unterschreibt, obwohl er gesagt hat, das sei falsch, müssen wir mal abwarten, was daraus folgt. Diesmal soll es vor allem die Energiewirtschaft treffen. Unser Dilemma ist dabei, dass wir ein deutsches Unternehmen sind und uns dennoch an die Sanktionen Europas und der USA halten müssen, weil wir Produkte eines amerikanischen Herstellers verkaufen. Das macht es immer ein bisschen schwierig, weil die Sanktionen der Europäischen Union und Amerikas oft unterschiedlich sind, wir aber beide befolgen müssen. Wie gesagt: Wir werden sehen, wie sich die neuen Sanktionen auswirken. Ansonsten spüren wir eine zunehmende Nachfragetätigkeit nach Bau- und Bergbaumaschinen in diesen Ländern, was uns gut tut, vor allem nach einer langen Talsohle. Wir rechnen damit, dass wir in diesem Jahr ein deutliches Umsatzwachstum von rund 30 Prozent in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion verzeichnen werden. Hierzu tragen auch zwei Großaufträge bei.

DEUTSCHES BAUBLATT: Sie spielen hier auf den größten Einzelauftrag in der Firmengeschichte Zeppelins an, oder?

MICHAEL HEIDEMANN: Ja, wir haben einen Großauftrag in Armenien gewonnen und werden dort die Goldmine Amulsar, die komplett neu erschlossen wird, mit Maschinen ausstatten. Einen weiteren Großauftrag haben wir in der Ukraine mit dem Stahlproduzenten Metinvest abschließen können. Das sind zwei Großaufträge, die natürlich dieses Umsatzwachstum beflügeln.

DEUTSCHES BAUBLATT: Herr Cordes: In Deutschland dürften Sie angesichts der Baukonjunktur mit dem Baumaschinengeschäft überaus zufrieden sein, oder?

FRED CORDES: Der Markt in Deutschland entwickelt sich im Moment wieder einmal sehr positiv. Nachdem wir 2016 schon ein Rekord-Umsatzwachstum hatten, werden wir dieses Jahr wahrscheinlich noch mal zulegen. Im Vergleich zum Vorjahr findet derzeit das größte Wachstum im Standard- und Großgerätebereich statt.

MICHAEL HEIDEMANN: Es ist natürlich erfreulich, dass wir gerade bei Standard- und Großgeräten zulegen konnten, sind es doch gerade diese Geräte, die von der Servicebetreuung stark unserer DNA entsprechen. Dort erwartet der Kunde eben eine Rundumbetreuung mit einem perfekten Service und das können wir durch unser engmaschiges Netz mit 35 Niederlassungen und 120 Mietstationen von Zeppelin Rental bundesweit ideal gewährleisten. Von diesem flächendeckenden Servicenetz profitieren aber gleichermaßen auch unsere Kunden, die kompakte Baumaschinen, wie Minibagger, kompakte Radlader oder Telehandler einsetzen.

DEUTSCHES BAUBLATT: 2017 wird eine Messe wie die bauma den Geschäftserfolg nicht beflügeln können.

FRED CORDES: In einem bauma-Jahr unterstützen Produktoffensiven und motivieren die Vertriebsmannschaft zu außerordentlichem Engagement. Natürlich hat dazu ein wachsender Markt entsprechend mit beigetragen. Dieses Jahr ist unsere größte Herausforderung, wie eben auch im Sport, das erreichte Level zu halten. Auch wenn 2017 keine bauma stattfindet, wird immer weiter an neuen Produkten und Kundenlösungen seitens unseres Partners Caterpillar gearbeitet.

DEUTSCHES BAUBLATT: In den letzten Jahren hatte man den Eindruck, dass die Entwicklung neuer Baumaschinen maßgeblich durch ein Thema angetrieben wurde, nämlich die Abgaswerte zu senken und den Spritverbrauch zu drosseln. Was sind die nächsten großen Schritte, die Kunden von Cat Baumaschinen erwarten dürfen?

FRED CORDES: Im nächsten Jahr wird eine völlig neue Generation von Kettenbaggern auf den Markt kommen, die alles andere in den Schatten stellen wird. Auch ohne Weltleitmesse wie der bauma sind Caterpillar und wir immer bestrebt, neue Kundenlösungen zu entwickeln und so dem Wettbewerb ein Stück weit voraus zu sein. Da bin ich guter Dinge, dass uns das mit der neuen Maschinengeneration an Kettenbaggern gelingen wird.

MICHAEL HEIDEMANN: Das Besondere ist, dass Caterpillar immer mehr auf Plattformkonzepte zurückgreift – so wie im Automobilbau – was es jedoch in der Baumaschinenindustrie bisher kaum gab, dass man auf der gleichen Plattform sozusagen unterschiedliche Modelle anbieten kann. Das macht natürlich einen Hersteller extrem flexibel. Es wird deutlich einfacher, die verschiedenen Märkte zu bedienen, die sich hinsichtlich der Anforderungen nach wie vor stark unterscheiden.

FRED CORDES: Natürlich treiben Abgasemissionen Weiterentwicklungen von Baumaschinen an. So zielen alle Produktentwicklungen in Richtung Ressourcenschonung ab. Hier wird die nächste Baggergeneration neue Maßstäbe setzen. Digitalisierung zieht parallel auch mit neuen Antriebssystemen in diese neue Maschinen-Generation ein. Die kommende Maschine, ein Cat 320, wird noch komfortabler zu bedienen sein, und mit vielen möglichen Assistenzsystemen und integrierter Maschinensteuerung ausgestattet, die man sich heute nur annähernd vorstellen kann. Gute Fahrer zu finden, wird für unsere Kunden immer mehr zu Herausforderung. Daher sollte die Bedienung der Arbeitsgeräte in Zukunft so einfach wie möglich sein. In dem Bagger in der 23-Tonnen-Klasse bedient der Fahrer viele Funktionen über Touchscreen, so wie wir das heute bereits vom iPad kennen. Darüber hinaus bekommt der Fahrer Unterstützung durch eine Hub-Schwenkbegrenzung. Hinzu kommen Cat Grade Control sowie Grade Assist bis hin zu Features wie eine Kontrollwaage, die man heute schon teilweise in Radladern hat.

MICHAEL HEIDEMANN: Wer mal einen Blick in die Fahrerkabine wirft, wird überrascht sein, wie viel Hightech in einer Baumaschine inzwischen steckt. Man kann eigentlich schon nicht mehr nur von einem reinen Hydraulikbagger reden, sondern inzwischen ist dieser zu einem Werkzeugträger geworden, der mit vielen Assistenzsystemen ausgestattet ist, die den Fahrern natürlich die Arbeit extrem vereinfachen. Über unser Flottenmanagementsystem werden zum Beispiel ständig Daten geliefert und mit Vision Link Unified Fleet bei uns analysiert.

DEUTSCHES BAUBLATT: Steigen so nicht die Anforderungen an die Mitarbeiter? Wenn sie die Vorteile der Technologien auch ausschöpfen wollen, müssen sie diese richtig anwenden können.

FRED CORDES: Im Kern geht es darum, den Fahrer grundsätzlich bei seiner Arbeit zu entlasten. Deswegen braucht man trotzdem immer noch Spezialisten auf diesen Hightech-Maschinen, das muss man schon sagen. Aber es sollte nie so sein, und darauf achtete Caterpillar immer, dass die Fahrer in irgendeiner Weise überfordert werden, sondern sie müssen sich wohlfühlen. Schließlich müssen sie ihren Job viele Jahre erledigen.

MICHAEL HEIDEMANN: Die eigentliche Bedienung der Maschine wird dadurch einfacher, weil Assistenzsysteme den Maschinisten in seiner Arbeit unterstützen. Aber es kommen neue Aufgaben auf den Fahrer zu, der mehr eine Baustelle als Ganzes im Blick haben und koordinieren muss.

DEUTSCHES BAUBLATT: Was treibt Caterpillar zu solchen Entwicklungen an?

FRED CORDES: Wichtig ist bei allen Entwicklungen: Keine ist dem reinen Selbstzweck geschuldet, sondern es wird extrem großen Wert darauf gelegt, dass sich der Fahrer in allen Belangen wirklich wohlfühlt und optimal produktiv sein kann. In Zukunft werden Maschinen somit noch komfortabler und eben noch einfacher zu bedienen sein. Und keiner soll dabei überfordert werden. Wer eine Funktion nicht nutzen will, schaltet diese eben einfach aus.

MICHAEL HEIDEMANN: Natürlich werden vor allem Kundenwünsche berücksichtigt. Aber das alleine reicht nicht aus. Viele neue Ideen bringen die Ingenieure schon von sich aus voran. Wenn Sie mich zum Beispiel vor 30 Jahren gefragt hätten, wie das Auto der Zukunft aussehen würde, wäre ich niemals auf ein Navigationssystem gekommen. Es braucht schon Ingenieure, die neue Impulse setzen und das technisch Machbare umsetzen, auf das Anwender selbst nicht sofort kommen, weil sie nicht wissen, dass es möglich ist. Neue Maschinen entstehen bei Caterpillar in den weltweiten Forschungs- und Entwicklungszentren. Anschließend werden die ersten Prototypen gebaut. Wenn diese sich bewährt haben, baut Caterpillar sogenannte Field-Follow- Maschinen, um sie einem harten Praxistest zu unterziehen. Solche Geräte werden über den Erdball verteilt von besonders anspruchsvollen Kunden getestet. Das machen wir auch in Deutschland. Die Kunden müssen dann eine Rückkopplung geben und sagen, was daran gut ist beziehungsweise was noch verändert werden muss. Und das fließt dann in die endgültige Serienproduktion ein. Wesentlich ist: Caterpillar kommt immer erst mit einer Technologie auf den Markt, wenn man absolut sicher ist, diese funktioniert auch in der Praxis und ist ausgereift.

FRED CORDES: Da wir als Vertriebs- und Servicepartner die Anforderungen des Marktes kennen, bringen wir uns als Lieferant auch in die gemeinsame Entwicklung von Produkten ein. So wurde, als Caterpillar sich entschieden hat, kompakte Radlader zu bauen, der deutsche Markt als Benchmark genommen und gemeinsam mit uns wurden diese Modelle entwickelt. Im Mobilbaggerbereich war das ähnlich. Der Mobilbagger ist in Deutschland ein Kern- beziehungsweise ein Schlüsselgerät. Also ist Caterpillar zu uns gekommen und hat mit uns gemeinsam dieses Gerät auf den Markt gebracht.

MICHAEL HEIDEMANN: Im bayerischen Wackersdorf unterhält Caterpillar sein weltweites Entwicklungszentrum für Mobilbagger, die dann in Grenoble, in Frankreich, und in China für den Weltmarkt gefertigt werden. Neueste Entwicklung sind Mobilbagger mit Kurzheck, die sich aufgrund ihres kurzen Schwenkradius ideal als Citybagger eignen. Und wir arbeiten gerade daran, auch kleinere Mobilbagger auf den Markt zu bringen.

FRED CORDES: Den innerstädtischen Bereich wollen wir eben durch das Kurzheck-Konzept bedienen. Die beiden Modelle M315F und M317F sind gezielt für Einsätze entwickelt worden, bei denen man mit wenig Platz auskommen muss. Ziel ist, demnächst noch zwei Bagger zwischen sieben und elf Tonnen auch im Portfolio zu haben.

DEUTSCHES BAUBLATT: Der Dieselskandal sorgt derzeit für viele Schlagzeilen. Werden aufgrund der zunehmenden Ablehnung von Dieselmotoren Baumaschinen mit alternativen Antrieben kommen?

FRED CORDES: Es ist derzeit nicht denkbar, dass wir uns bei Baumaschinen ganz vom Diesel verabschieden werden. Aber auch Caterpillar treibt Antriebsalternativen voran. So wurde vor vielen Jahren angefangen mit der dieselelektrischen Raupe und zwar nicht nur mit Visionen oder Ideen, sondern konkret mit einer Maschine, die serienreif ist und die man heute auf Baustellen oder im Tagebaueinsatz antrifft. Caterpillar hat dann weitere Entwicklungen vorangetrieben, wie ein leistungsverzweigtes Getriebe im Radlader-Segment oder die Hybridtechnologie bei Kettenbaggern. Auch aktuell wird an viele Neuentwicklungen gearbeitet, die aber erst spruchreif sind, wenn sie praxistauglich sind. Auf der steinexpo werden wieder neue Antriebssysteme vorgestellt werden. Ein Novum wird der Cat Radlader 988K XE sein, der mit einem dieselelektrischen Antrieb gezeigt wird.

DEUTSCHES BAUBLATT: Welche digitalen Trends bestimmen die Entwicklung von Baumaschinen?

MICHAEL HEIDEMANN: Wichtig ist uns bei der Digitalisierung unseres Geschäftes, dass wir alles dafür tun, die Zusammenarbeit mit unseren Kunden so einfach wie möglich zu gestalten.

FRED CORDES: Genau dieses Ziel haben wir mit unserem Baumaschinen-Konfigurator verfolgt. Komplexität kommt sowieso schon durch die ganzen Inhalte, Varianten und Möglichkeiten bis hin zur Finanzierung eines Gerätes.

MICHAEL HEIDEMANN: Kompliziert sind wir Menschen schon genug. Ich nutze gerne das nachfolgende Zitat, das Johann Wolfgang von Goethe zugeschrieben wird: „Hätte ich mehr Zeit gehabt, dann hätte ich Ihnen einen kürzeren Brief geschrieben.“ Das finde ich sehr bezeichnend. Komplexität reduzieren oder zumindest Komplexität beherrschbar zu machen, sollte deshalb unser Anspruch sein. Mit diesem Ziel haben wir zum Beispiel das Zeppelin- Kundenportal entwickelt. Und der Erfolg gibt uns recht. Wir verkaufen bereits rund ein Drittel aller unserer Ersatzteile in Deutschland über dieses Online- Portal. Unser Ziel ist es, innerhalb der nächsten drei Jahre unsere digitalen Angebote so auszubauen, dass unsere Kunden alle wesentlichen Geschäftsvorgänge mit uns online abwickeln können, wenn sie das möchten. So sind wir an 365 Tagen rund um die Uhr erreichbar. Wichtig ist uns dabei aber, dass der Kunde selbst entscheidet, ob er persönlich mit einem unserer Mitarbeiter seine Themen besprechen möchte oder online mit uns in Kontakt tritt. Am liebsten ist uns natürlich der persönliche Erfahrungsaustausch mit unseren Kunden. Benötigt unser Kunde aber nur einen neuen Satz Filter oder Zahnspitzen, mag vielleicht nicht immer der direkte Kontakt nötig sein. Wir sehen die Möglichkeit, mit uns online ins Geschäft zu kommen als ideale Ergänzung und nicht als Ersatz der persönlichen Beratung. Unsere Verkäufer, Service- und Einsatzberater, Führungskräfte und Maschineningenieure haben dann mehr Zeit für das persönliche Gespräch und die Erarbeitung individueller Lösungen.

DEUTSCHES BAUBLATT: Wie wird sich das Kaufverhalten von Baumaschinen durch die Digitalisierung verändern?

MICHAEL HEIDEMANN: Es macht mir keine Angst, wenn Kunden durch digitale Angebote mehr Vergleichsmöglichkeiten haben. Im Gegenteil. Je besser der Kunde informiert ist, desto besser für uns. Wir diskutieren zum Beispiel, ob es richtig ist, dass wir eine Vermiet-Plattform wie Klickrent entwickeln, auf der Kunden auch Angebote anderer Vermieter finden. Natürlich kann es mal zu einem Preiskonflikt kommen. Aber je besser ich informiert bin, desto eher weiß ich auch, was der angemessene Preis ist. Daher ist meine Devise: Wenn wir es nicht machen, dann macht es ein anderer. Am Ende entscheidet der Kunde, welches Angebot für ihn das attraktivste ist. Es gibt in jeder Branche Anbieter, die wie Zeppelin im Premiumsegment unterwegs sind, die irgendwo dazwischen liegen oder eben der billigste sein wollen. So funktioniert Marktwirtschaft. Und weil ich davon überzeugt bin, dass der Preis, den wir für unsere Produkte und Dienstleistungen haben müssen, gerechtfertigt ist, bieten wir unseren Kunden unter dem Strich auch die preiswerteste Lösung.

September/Oktober 2017