Auf Spur gebracht: Zeppelin erweitert Fahrwerk des Cat 317 für Torfeinsatz

Dass Menschen in einem Moor verschwinden, ist ein Gerücht, das sich hartnäckig hält. Denn dass eine Person untergeht, verhindert das physikalische Gesetz des Auftriebs. Trotzdem kann der weiche Boden eines Moors heimtückisch werden – Personen können dann steckenbleiben, sodass sie ohne Hilfe nicht mehr rauskommen. So erging es wohl etlichen Moorleichen. Dass Baumaschinen einsinken, wenn sie Torf gewinnen oder Gräben freilegen, liegt daher auf der Hand. Abhilfe schaffen kann dann ein Moorlaufwerk. Es hat breitere Laufwerksketten und gegebenenfalls verlängerte Fahrwerksschiffe, wodurch sich der Bodendruck auf einer größeren Fläche verteilt, was das Einsinken im weichen Untergrund verhindert. Eine solche Spezialausrüstung hat die Firma Aurich-Wiesmoor-Torfvertriebs GmbH aus dem ostfriesischen Wiesmoor bei der Zeppelin Niederlassung Westerstede und ihrem Verkaufsrepräsentanten Jörg Poschadel geordert. Die Ausführung hat die Zeppelin-übergreifende Abteilung Customizing begleitet und koordiniert. Denn Veränderungen des Fahrwerks bedeuten einen wesentlichen Eingriff in die Baumaschine.

Der erste Kontakt kam über einen gebrauchten Cat Kettenbagger 312EL mit Zeppelin zustande. „Das Geschäft war der Türöffner, um einen Cat 317 der neuen Generation in der Sonderausführung anbieten zu dürfen“, erklärt Jörg Poschadel. Er schaltete dann seine Kollegen vom Service ein und zog die Abteilung Customizing hinzu. Denn für solche Fälle hat Zeppelin einen klaren Prozess definiert. „Bei uns sind solche Umbauten eindeutig geregelt. Wir bauen nicht einfach drauflos und nehmen eine Maschine dann in Betrieb, sondern wir achten darauf, dass wir der Maschine weiter ein CE-Zeichen bescheinigen können und sie EU-konform ist“, meint Frans Verheijen, Leiter für Zertifizierungen und Projektmanager von der Zeppelin Customizing-Abteilung. Deren Aufgabe ist es, einen solchen Umbau zu prüfen, ob er technisch überhaupt realisierbar ist. Schließlich setzt nicht nur die Physik einem Umbau Grenzen, sondern auch die Kosten müssen in einem vertretbaren Rahmen sein. „Wir können nicht jeden Kundenwunsch umsetzen, sondern schauen, was machbar und was für die Kunden am besten ist. Manchmal muss man eben auch eine Kompromisslösung finden“, so der Spezialist für Umbauten. Das geschieht im Austausch zwischen Vertrieb, Service und Kunde. „Im Fall für ein Spezial-Laufwerk gilt es zu klären, wie lang, breit oder schmal kann es maximal werden. Nicht jede Laufwerksbuchse kann beliebig kombiniert oder verändert werden und das Ganze funktioniert nicht für jede Bodenklasse. Für eine Fahrwerksverbreiterung gibt es ein klassisches Nord-Süd-Gefälle, was unsere Anfragen betrifft“, so der Customizing-Mitarbeiter. Diese bietet sich für weiche Böden wie den Einsatz in einem Moor oder Torfgebiet an, wie er typisch für Norddeutschland ist. Denn das verleiht der Baumaschine eine höhere Stabilität. Werden damit Gräben überwunden, steht ein Bagger dann weniger in Schräglage als mit seiner kurzen Laufwerksausführung, mit der er sonst zum Kippen neigt. Ein kiesiger oder felsiger Untergrund, wie er vor allem im Süden Deutschlands auftritt, wäre dagegen ungünstig und würde hohen Verschleiß verursachen. Allerdings muss auch für den umgebauten Cat 317 ein höherer Fahrwiderstand für das Moorlaufwerk in Kauf genommen werden, denn dieser fällt bei längeren Fahrwerken aufgrund der seitlichen Vorschubkraft immer größer aus.

Erschwerend kam hinzu, dass es sich bei der Baumaschine um eine neue Serie handelt. „Der Bagger ist ein Nachfolger des 316, aber als Vertreter der neuen Generation können wir bei dem 317 nichts von seinem Vorgänger übernehmen und auf unseren bisherigen Erfahrungsschatz zurückgreifen“, so Frans Verheijen. So wurde das Fahrwerk neu berechnet. Oft soll wegen der Transportierbarkeit das Laufwerk lang und schmal ausfallen. Doch das war so nicht realisierbar. Daher fällt es breiter aus als geplant. „Das haben wir mit dem Kunden besprochen und uns das Okay für den Umbau abgeholt“, meint dazu Frans Verheijen. Ein Standardbagger hat eine Spurweite von 1 990 Millimetern und mit 600 Millimeter Bodenplatten eine Transportbreite von 2 590 Millimetern. Anders ist es nun bei dem modifizierten Cat 317. Durch den Umbau wurde das Laufwerk um einen Meter verlängert und erhielt eine Spurweite von 2 800 Millimetern. Durch die 1 400 Millimeter breiten und gekröpften Bodenplatten ergibt sich eine Transportbreite von 4 200 Millimetern. Anhand von Zeichnungen wurden die Maße für die Bleche von einer CNC-Maschine dann entsprechend zugeschnitten und diese dann mit den bestehenden Fahrwerksschiffen zu einer längeren und breiteren neuen Konstruktion zusammengesetzt. „Wir legen dabei ein besonderes Augenmerk auf die Schweißnähte und dass die Konstruktion richtig verstärkt wird“, heißt es seitens der Customizing-Abteilung. Sie hat dann die entsprechenden Bauteile bestellt, die für einen solchen Umbau nötig waren, wie Kettenglieder und Kettenplatten, um die Kette zu verlängern. Zudem waren weitere Rollen erforderlich. Die bestehenden wurden ergänzt sowie auf die Länge oben und unten neu aufgeteilt. So wurden zweimal drei Unterrollen und zweimal eine Rolle oben zusätzlich eingesetzt, um die Kette optimal auf die neue Länge zu führen. Verwendet wurden durch die Bank Cat Originalteile, um auch in Zukunft eine optimale Ersatzteilversorgung zu gewährleisten. Nach dem Umbau erfolgt noch eine Abnahme durch die Customizing-Abteilung. Diese besteht aus einer Überprüfung der Konformität der umgebauten Maschine und der angepassten Dokumentation, wobei die Sicherheitshinweise, etwa wie mit welcher Geschwindigkeit der Bagger dann über Gräben fahren darf, eine große Rolle spielen. „Abschließend schauen wir uns unter anderem noch die Aufstiege an und wenn alles passt, wird einer EU-Konformitätserklärung samt Anbringung eines neuen Typenschildes nichts im Wege stehen“, so Frans Verheijen.

Bereit für den Torfeinsatz. Fotos: Zeppelin

Damit der Fahrer nicht im tiefen Morast mit seinen Sicherheitsgummistiefeln feststeckt, erhielt der Cat 317 ein extra Trittbrett an der Fahrerkabine mit Stiefelhalter, um die Schuhe befestigen zu können. Denn in der Kabine soll es sauber sein, wenn der Fahrer beginnt, mit einem 2 500 Millimeter breiten Grabenräumlöffel Torf abzubauen. Dieser dient als Substrat dem Obst- und Gartenbau, findet aber auch Verwendung als Blumen- oder Pflanzerde. Für den Einsatz optimiert wurde der Löffel durch einen Schwenkmotor. „Dadurch wird die integrierte 3D-Steuerung den Löffel steuern können. Somit ist für den Kunden, der von seinem Abbaugebiet ein 3D-Geländemodell besitzt, gewährleistet, dass der Torf gemäß dem Schichtenverlauf exakt abgetragen wird“, erklärt Jörg Poschadel. Das hat zur Folge, dass auf den bisher eingesetzten Rotationslaser und die klassische Messlatte verzichtet werden kann. Um den Austausch von Anbaugeräten zu gewährleisten, rüstete Zeppelin den Bagger mit dem hydraulischen Schnellwechsler CW 30 aus. Was den Ausleger betrifft, so wurde die Monovariante gewählt. Mit dem Spezialgerät lässt sich dann so fast jedes Gelände bei unterschiedlichen Witterungsbedingungen meistern.

November/Dezember 2021