Adrenalin-Kick bauma

Emotionen und ein besonderer Adrenalin-Kick sieben Messetage lang: Dafür steht die bauma. Die flächenmäßig größte Messe der Welt stellt einen Rekord nach dem anderen in den Schatten, was Besucherzahlen und Messeumsätze betrifft. Wir lassen mit den Zeppelin Konzern-Geschäftsführern Peter Gerstmann und Michael Heidemann die baumas der letzten Jahre Revue passieren, tauchen ein in den besonderen Spirit, den die Weltleitmesse auszeichnet, und erinnern an besondere Messemomente auf dem Zeppelin Messestand.

Die Zeppelin Konzern-Geschäftsführer Peter Gerstmann (rechts) und Michael Heidemann lassen die baumas der letzten Jahre Revue passieren.

Baublatt: Herr Gerstmann, Sie werden voraussichtlich letztmalig Kunden auf der kommenden bauma als Vorsitzender der Zeppelin Konzern-Geschäftsführung begrüßen, da Ihr Vertrag vor der nächsten bauma 2025 ausläuft und Sie eine weitere Verlängerung nicht beabsichtigen. Auf wie viele baumas können Sie zurückblicken und wie haben Sie die Messe der Superlative immer wahrgenommen?

Peter Gerstmann: Fünf baumas habe ich bislang selbst bei Zeppelin erlebt. Meine erste bauma als Vorsitzender der Konzern-Geschäftsführung 2010 werde ich jedoch nicht vergessen, denn für diese Messe war ich erstmals persönlich mitverantwortlich, was sie allein deswegen schon für mich zu etwas Besonderem machte. Wir mussten uns an dem vorausgegangen Messeerfolg von 2007 messen lassen. Nicht nur deswegen waren die Messlatte und die Erwartungen entsprechend hoch, sondern die bauma fand kurz nach der schwersten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg statt, doch niemand konnte ahnen, welchen Verlauf die bauma nehmen würde. Wir konnten dank der bauma die Finanzkrise hinter uns lassen, denn es ist uns gelungen, eine Aufbruchstimmung auf der Messe zu erzeugen. Die bauma läutete eine echte Trendwende und einen Stimmungsumschwung ein, weil Firmen wieder bereit waren zu investieren. Wir konnten einen neuen Messerekord einfahren, den wir seitdem im Messerhythmus von drei Jahren immer wieder übertroffen haben. Dabei waren die Vorzeichen 2010 alles andere als vielversprechend: Denn zur Finanzkrise kam kurz vor Messestart ein Vulkanausbruch – Vulkanasche aus Island legte den internationalen Flugverkehr lahm. Einige Messestände blieben in München leer, weil Aussteller und Besucher nicht anreisen konnten. Andere wiederum nahmen unglaubliche Umwege in Kauf, um nach München zu kommen. Ich erinnere mich noch, dass es Besucher gab, die bis nach Spanien geflogen sind, um dann mit dem Mietwagen zur bauma nach München zu fahren.

Baublatt: Herr Heidemann, die kommende bauma wird Ihre 14. und somit ebenfalls letzte in Ihrer Geschäftsführer-Funktion im Zeppelin Konzern sein, weil Sie altersbedingt Mitte 2023 aus dem Unternehmen ausscheiden. Welcher Messemoment ist Ihnen auf all den baumas in besonderer Erinnerung geblieben?

Michael Heidemann: Für mich hat die bauma in ihrer Entwicklung seit 1954 auf dem Ausstellungsgelände Oberwiesenfeld und später auf der Münchner Theresienhöhe zwei Mal eine Zäsur erfahren: Die bauma nach der Wiedervereinigung 1995 und meine erste bauma für Zeppelin hatten eine ganz besondere Atmosphäre. Es wehte noch der besondere Geist der deutschen Wiedervereinigung auf der bauma und es herrschte eine ganz besondere Stimmung des Neuanfangs unter den Besuchern und Ausstellern. Ein weiterer Einschnitt kam durch den Wechsel der Messe von der Theresienwiese nach München-Riem zustande. Die bauma belegte dort hochmoderne Messehallen und konnte ihre bisherige Ausstellungsfläche durch das neue Gelände verdoppeln. Sie erreichte dadurch eine völlig neue Dimension. Seitdem belegt Zeppelin eine Ausstellungsfläche von 12 000 Quadratmetern und hält daran fest, wenn man sich mit Baumaschinen, Mietlösungen, Motoren oder digitalen Dienstleistungen in der Halle B6, im Freigelände davor, in den Hallen B0 und A4 oder im ICM präsentiert.

Baublatt: Auf der bauma kommt es immer wieder auch zu besonderen Situationen: Sie hatten ja schon den Vulkanausbruch angesprochen – ein Ereignis, das nicht planbar war und völlig überraschend auftrat. 2019 gab es bei Zeppelin auf dem Messestand einen Heiratsantrag auf einem Cat Radlader 992K. Was hätten Sie auf einer bauma nie für möglich gehalten und was versetzt Sie immer wieder ins Staunen, wenn Sie an die baumas der letzten Jahre denken?

Michael Heidemann: Was immer wieder erstaunt, sind die Besucherzahlen. 1954 zog die Baumusterschau auf der sogenannten Frühjahrschau für Baumaschinen auf dem Oberwiesenfeld 8 000 Besucher an. Das war quasi die Geburtsstunde der bauma. 65 Jahre später stellte die bauma 2019 mit 620 000 Besuchern alle bisherigen Rekorde der Vergangenheit in den Schatten. In all den Jahren hatte die Messe an Zuspruch zugelegt – Besucherzahlen auf anderen Fachmessen sinken dagegen seit Jahren. Nicht so auf der bauma. Das liegt meiner Meinung nach eben daran, dass die bauma immer auch für Maschinisten, Technikfans und Familien attraktiv war. Die Unternehmerin und der Unternehmer besuchen die bauma mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie nehmen ihre Kinder gleich mit. Dieser familiäre Charakter verleiht der bauma eine besondere Note und einen speziellen Charakter – und daher kommt eben dann der eine oder andere Besucher auf die Idee, die Messe für einen Heiratsantrag zu nutzen. Andere Maschinenmessen sind eher nüchtern und sachlich. Da geht es ausschließlich um Technik. Sie spielt natürlich auch auf der bauma die Hauptrolle, aber die bauma spricht Emotionen an. Manche Aussteller mögen das nicht so glücklich finden. Wir bei Zeppelin begrüßen es ausdrücklich, wenn auch Kinder und Jugendliche zur bauma kommen, denn das sind die Besucher und Kunden von morgen.

Eine Messe wie die bauma spricht Emotionen an.

Baublatt: Was unternimmt Zeppelin, damit die bauma auch das junge Publikum in den Bann zieht?

Peter Gerstmann: Die bauma ist längst zu einer Messe geworden, die Bewerber für Jobs und Ausbildungsplätze anzieht. 2013 haben wir zusammen mit dem VDMA, anderen Ausstellern und in Kooperation mit der Messe München die Initiative „Think Big“ angestoßen. Es ist ein umfangreiches Programm für Jugendliche, um sie für Technik und Jobs rund um den Bau und für Baumaschinen zu begeistern. Wir zeigen dann, wie spannend und abwechslungsreich die Arbeit mit Baumaschinen sein kann. In der „Werkstatt live“ arbeiten dann unsere Auszubildenden und zeigen die verschiedenen Facetten ihres künftigen Berufs. Auch die Personalabteilung von Zeppelin informiert auf der bauma über Karrieremöglichkeiten und nutzt die bauma für das Recruiting von Fachkräften, insbesondere Servicetechnikern. So werden Vorstellungsgespräche am Messestand geführt und der erste Kontakt zu uns als Arbeitgeber und Ausbilder angebahnt.

Baublatt: Die bauma steht nicht nur für einen Besucheransturm, sondern auch für Verkaufsrekorde. Auf der Messe werden zahlreiche Einzelgeschäfte und große Flottengeschäfte abgeschlossen, aber auch Investitionen angebahnt, die erst Monate später spruchreif werden. Wie spontan sind solche Verträge?

Michael Heidemann: Natürlich muss ein Vertragsabschluss gut vorbereitet und viele Fragen müssen vorher geklärt sein, schließlich muss eine Investition wohlüberlegt werden, weil sie großen Einfluss hat, wie effizient ein Betrieb die nächsten Jahre arbeiten wird und wie die Kapazitäten an die aktuelle Auftragslage angepasst werden. Baumaschinen sind keine kurzlebigen Verbrauchsgüter, die man schnell ersetzt, wenn sie ihre Aufgabe erfüllt haben. Viele Geräte haben eine lange Einsatzdauer vor sich – manche Großgeräte leisten in einem Steinbruch weit über 20 000 Betriebsstunden und selbst dann ist noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Denn sie starten als Gebrauchtmaschine ein zweites Maschinenleben oder werden über unser Instandsetzungsprogramm Cat Certified Rebuild wieder fit für einen weiteren Einsatz gemacht. All diese Möglichkeiten, die eine Alternative zu einer Neumaschine darstellen, zeigen wir natürlich auch auf der bauma. Dort bahnt sich vieles schon im Vorfeld an, doch auf der Messe werden viele Geschäfte dann erst endgültig besiegelt.

Peter Gerstmann: Trotzdem ist eine bauma immer auch gut für spontane Entscheidungen, insbesondere, wenn manche Unternehmer noch unschlüssig sind und sich erst beim Rundgang durch die Messehalle festlegen. Manche Kaufabschlüsse waren dann doch so spontan, dass sie auf einem Teller, einer Serviette oder einer Krawatte fixiert und unterschrieben wurden.

Kunden unterzeichnen auf einer bauma Kaufabschlüsse auf Tellern, Servietten, Krawatten oder Bierdeckeln. „Wir dachten uns: Unsere Kaufverträge sollten einfach sein“, meinte dazu Michael Heidemann.

Michael Heidemann: Wir haben deswegen bereits vor vielen Jahren eine Marketingaktion eingeführt: Kunden können auf der bauma ihren Kaufvertrag auf einem Bierdeckel unterzeichnen. Der CDU-Politiker Friedrich Merz hatte sich 2003 dafür eingesetzt, dass die Einkommensteuererklärung so simpel sein sollte, dass sie auf einen Bierdeckel passt. Wir dachten uns: Unsere Kaufverträge sollten auch so einfach sein, dass sie auf einem Bierdeckel Platz finden. Inzwischen gibt es sogar Nachahmer. Der Erfolg unserer Bierdeckel kam so gut an, dass auch ein namhafter Lkw-Hersteller darauf aufmerksam wurde und bei uns anfragte, ob er das für die IAA kopieren dürfe.

Peter Gerstmann: Warum ein Vertrag mit einem Bierdeckel funktioniert, liegt auch daran, dass die bauma ein besonders starkes Vertrauen ausstrahlt, das die Besucher spüren. Ich erinnere mich noch an einen Kunden, der unseren Messestand besuchte und dann unsere Fanfare hörte, die immer dann ertönt, wenn wir die Marke von weiteren hundert verkauften Baumaschinen erreicht haben. Er fragte dann, ob wir auch für ihn die Fanfare spielen lassen, wenn er 80 Maschinen kauft. Da aber der Richtwert hundert ist, fehlten noch 20 Geräte. Er besprach sich dann mit seiner MTA-Abteilung und erhöhte dann die Bestellung auf hundert. Das war ihm die Fanfare wert.

Baublatt: Die bauma spielt bewusst mit Emotionen. Der direkte Kontakt mit Großgeräten wie einem Radlader in der Dimension von hundert Tonnen löst Faszination aus und so wird die bauma zum Ereignis mit Eventcharakter. Denn viele Besucher kennen überdimensional große Baumaschinen nur aus einschlägigen Fernsehreportagen oder aus dem Internet von Youtube-Filmen.

Peter Gerstmann: Baumaschinen sind weitaus mehr als reine Arbeitsmaschinen, die nur einen einzelnen Zweck verfolgen. Ein Baggerfahrer identifiziert sich auch ganz anders damit – er verbringt in der Kabine vielleicht mehr Zeit als in seinem Wohnzimmer. Etliche Maschinisten achten auch sehr penibel auf Sauberkeit an ihrem Arbeitsplatz. Sie wechseln ihre Schuhe, wenn sie im Fahrerhaus Platz nehmen und drängen ihren Chef, unbedingt einen Kompressor anzuschaffen, um die Kabine und Filter von Schmutzpartikeln reinigen zu können. Da ist kein Staubkorn mehr auf dem Boden zu sehen. Aber nicht nur Maschinisten bringen ihren Baumaschinen eine Wertschätzung entgegen, auch die Unternehmer sehen sie als Leistungserbringer, mit denen sie ihr Geld verdienen und somit ihr Kerngeschäft erst ermöglichen. Neben der neuesten Technik spielen niedrige Kraftstoffverbräuche und ein erstklassiger Service eine immer wichtigere Rolle.

Baublatt: Auf einer Messe wie der bauma geben sich auch Spitzenpolitiker ein Stelldichein. Welche Begegnung auf der bauma ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben und warum?

Der damalige Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier konnte eine amüsante Anekdote aus dem Filmklassiker „Don Camillo und Peppone“ beisteuern, als er zusammen mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder am Messestand haltmachte.

Peter Gerstmann: Ich erinnere mich an 2016, als der damalige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sich nach dem Messerundgang bei „Think Big“ bei uns über die Ausbildungssituation informierte. Er zeigte echtes Interesse und stellte ganz konkrete Fragen.

Michael Heidemann: Viel Zeit genommen hat sich 2019 auch sein bayerischer Amtskollege, Hubert Aiwanger, während wiederum sein damaliger Vertreter auf Bundesebene, Peter Altmaier, eine amüsante Episode beisteuern konnte, als er zusammen mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder an unserem Stand haltmachte. Er erzählte von „Don Camillo und Peppone“. Der Film „Genosse Don Camillo“ aus dem Jahr 1965 spielt in der ehemaligen Sowjetunion. Dort wird der Delegation aus Italien mit dem Bürgermeister Peppone und Priester Don Camillo stolz russische Baukunst und vermeintlich sowjetische Baumaschinentechnik gezeigt. Zu sehen sind aber tatsächlich Baumaschinen mit dem Schriftzug Caterpillar.

Baublatt: Rechnen Sie damit, dass Olaf Scholz als Bundeskanzler und anders als seine Vorgängerin – Angela Merkel blieb der bauma immer fern – die bauma besucht?

Michael Heidemann: Bislang war weder eine Bundeskanzlerin noch ein Bundeskanzler zu Gast auf den baumas, an denen ich teilgenommen habe. Das ist wirklich schade, denn die bauma ist die Weltleitmesse unserer Branche und ein Besuch würde der Bedeutung durchaus Rechnung tragen. Wer weiß, vielleicht ändert sich das ja mal irgendwann.

Baublatt: Welche Bedeutung hat denn die bauma für den Standort Deutschland und darüber hinaus?

Peter Gerstmann: Die bauma ist eine Weltleitmesse. Unternehmen aus allen Teilen der Welt kommen in München zusammen und sprechen dann auf dem Messestand nicht nur Englisch, sondern auch Deutsch. Das zeigt wiederum den regionalen Charakter der bauma, aber eben auch, dass Deutschland eine Woche lang in München zum Dreh- und Angelpunkt der internationalen Bau- und Baustoffindustrie wird. Zugleich ist die bauma die Leitmesse für die ganze Branche, die Trends vorgibt und neueste Entwicklungen auf den Weg bringt. Daran orientiert sich auch unser Herstellerpartner Caterpillar, der bewusst neue Produkte zur bauma hin entwickelt und den Zeitpunkt der Markteinführung auf die Messe abstimmt. Der Messerhythmus mit seinen drei Jahren kommt dem auch entgegen.

Michael Heidemann: Die Messe München hat vom ifo Institut ermitteln lassen, welche wirtschaftliche Bedeutung Messen und Kongresse der Messe München für die Wirtschaft im Allgemeinen haben und wie viel Umsatz in der Stadt München beziehungsweise im Umland hängen bleibt, wenn eine Messe wie die bauma stattfindet. Das Ergebnis: Allein die bauma bringt 1,5 Milliarden Euro für die Hotellerie, die Gastronomie, den Messebau, das Reise- sowie das Speditionsgewerbe und den Einzelhandel.

Baublatt: Trotzdem haben diesmal einige Hersteller ihre Teilnahme an der bauma abgesagt. Warum ist es für Zeppelin selbstverständlich, sich auf der wichtigsten Messe der Branche zu präsentieren?

Michael Heidemann: Für Zeppelin war und ist die bauma eine wichtige Plattform, um mit unseren Geschäftsfreunden im Gespräch zu bleiben. Wir verstehen unser Engagement auf der bauma 2022 auch als Signal, dass man sich auf Zeppelin verlassen kann, in guten und in schwierigen Zeiten. Wir werden die einmalige Gelegenheit nutzen, unseren Kunden die allerneuesten technischen Entwicklungen von Caterpillar, gepaart mit den einzigartigen Serviceleistungen von Zeppelin, zu präsentieren. So wird aus einer modernen Baumaschine eine echte Lösung für unsere Kunden.

Peter Gerstmann: Unsere Kunden stehen gegenwärtig großen Herausforderungen gegenüber. Die bauma bietet eine gute Möglichkeit, sich darauf vorzubereiten und sich zu informieren. Ich denke auch, dass die bauma auf alle drängenden Fragen der Zeit eine Antwort liefert. Sie bietet die Technik, die nötig ist, um Infrastruktur auszubauen, welche die Grundvoraussetzung für weitere Digitalisierung ist. Außerdem zeigt sie Technologien für den Bau von Dämmen und Deichen, die nötig sind, um im Zuge von Hochwasserschutzmaßnahmen die Folgen des Klimawandels zu bekämpfen. Sie liefert Technik für den Rückbau von Kraftwerken und veranschaulicht, wie man Ressourcen im Zuge von Recycling schonender einsetzt. Und nicht zuletzt wird das Thema Einsparung von CO2-Emissionen ein großes Thema der bauma werden. Denn alternative Antriebstechniken werden auf der Messe eine große Rolle spielen. Die bauma bietet in jeglicher Hinsicht einen mehrdimensionalen Ansatz – anders als eine IT-Messe, die sich rein auf neue Digitalisierungslösungen konzentriert.

Baublatt: Was verbinden Sie an erster Stelle mit der bauma: ein Umsatzrekord nach dem anderen, ein Schauplatz für Technologien, eine Informations- und eine Kontaktbörse?

Peter Gerstmann: 2019 war für Zeppelin bislang die erfolgreichste bauma aller Zeiten. Insgesamt ist es gelungen, im Vorfeld und während der bauma 3 550 neue und gebrauchte Baumaschinen zu verkaufen und einen Umsatz von 461,8 Millionen Euro zu erzielen. Man hat es nach der Finanzkrise gesehen: Die Baubranche feiert sich gerne auf der bauma und erzeugt dort eine optimistische Aufbruchstimmung. Aber das allein darauf zu beschränken, reicht nicht. Die bauma zeichnen die vielen persönlichen Kontakte und Gespräche mit den Kunden aus. Für 2022 rechne ich allerdings nicht mit einem neuen Messerekord, sondern diesmal bietet die bauma nach einer langen Zeit wieder die Möglichkeit, sich zu treffen und zu vernetzen. Und auf den persönlichen Austausch freuen wir uns schon sehr.

Baublatt: Warum ist die bauma bislang so erfolgreich als Messe und warum gelingt es Zeppelin jedes Mal aufs Neue einen Messerekord nach dem anderen zu knacken?

Michael Heidemann: Die Konjunktur hat sicherlich geholfen, dass wir seit 2010 immer ein so positives Messeergebnis erzielen konnten. Denn die Nachfrage nach Baumaschinen ist in den letzten zehn Jahren kontinuierlich gestiegen. Das gab der bauma 2019 auch einen besonderen Schub. Der Markt hat zugelegt und Baumaschinen waren sehr gefragt, weil die Auftragsbücher unserer Kunden voll waren. Wir haben darauf reagiert, indem wir unser Angebot auch weiter ausgebaut und angepasst haben. Das haben unsere Kunden durch Vertrauen, Treue und Loyalität honoriert.

Baublatt: Es ist eine Tradition bei Ihnen auf dem Stand, dass Sie, Herr Heidemann, eine Wette eingehen. Was hat es damit auf sich?

Verschiedenste Wetteinsätze dienen als Ansporn. „Bis heute habe ich jede Wette verloren. Ich musste inzwischen schon Trampolin springen, trommeln, im Zeppelin Rental Biergarten kellnern sowie in einer Rikscha fünf Runden über den Messestand fahren“, zählte Michael Heidemann auf. Fotos: Zeppelin

Michael Heidemann: Das hat mein Geschäftsführer-Kollege Fred Cordes 2010 eingeführt, um mich, aber auch das ganze Messeteam auf der bauma zu noch mehr Leistung anzuspornen. Bis heute habe ich jede Wette verloren. Ich musste inzwischen schon Trampolin springen, trommeln, im Zeppelin Rental Biergarten kellnern sowie in einer Rikscha fünf Runden über den Messestand fahren. Es ist jedes Mal aufs Neue eine Überraschung, was mir auf der bauma blüht.

Baublatt: Wie stressig und anstrengend ist eine Messewoche für Sie als Geschäftsführer?

Michael Heidemann: Es ist schon sehr anstrengend, aber die bauma sorgt für einen großen Schub an Adrenalin und das trägt einen über die ganze Woche. Es ist unglaublich bereichernd, die Stimmung in der Halle B6 zu spüren und mit unseren Kunden im engen Kontakt auf der Messe zu stehen. Am Montagmorgen nach der Messe bin ich zwar immer total erschöpft aufgewacht, aber ich habe mir gedacht, dass die bauma ruhig noch weitergehen könnte.

Baublatt: Für einen Marathon muss man trainieren, sonst kommt man nicht ans Ziel. Halten Sie sich fit, dass Sie die Messewoche überstehen können oder müssen Sie sich hier besonders mit vielen Vitaminen dopen?

Peter Gerstmann: Das brauchen wir nicht. Denn die bauma ist Adrenalin pur. Wenn wir uns am Sonntag vor Messebeginn treffen, wird man bereits von der Atmosphäre an unserem Messestand regelrecht eingesaugt und erst nach Messeende wieder ausgespuckt. Da wird man dann Teil eines großen Ganzen. Jeder Messetag beginnt um sieben Uhr morgens und endet nicht vor, sondern eher nach Mitternacht. Das kostet Energie, vor allem herrscht eine permanente Geräuschkulisse an unserem Stand, gegen die man ankommen muss bei Gesprächen. Es ist aber berauschend, wenn sich Montagmorgen die Tore der Messe erstmals öffnen und unsere Halle mit Besuchern füllt. Man muss sich vorstellen, dass nahezu jeder der 620 000 Besucher, wenn man mal die letzten Zahlen der Messe München nimmt, bei uns in der Halle B6 vorbeischaut. Wir legen auch etliche Kilometer während der bauma zurück. Somit ist die bauma auch ein Fitness-Programm für jeden für uns.

Baublatt: Wie hat sich denn der Messestand im Lauf der Zeit verändert

Michael Heidemann: Unser Stand hat sich über die Jahre sehr verändert. Wir nutzen intensiv moderne Medien, um unsere Produkte und Dienstleistungen in Szene zu setzen. Heute können wir ganz andere Möglichkeiten rund um Informationen einsetzen, um Technologien erlebbar zu machen. So haben wir 2016 Virtual-Reality-Brillen für Besucher eingesetzt. 2022 wird Zeppelin Rental zum Beispiel das Rentagon, eine Erlebniswelt einrichten, um Einblicke in das Portfolio für nachhaltige und digitale Lösungen rund um den Bau zu bieten.

Peter Gerstmann: Ich erinnere mich auch noch gut an das Bagger-Basketball-Duell, um unseren Kunden spielend die Vorzüge der feinfühligen Hydraulik der Cat Mobilbagger näherzubringen.

Michael Heidemann: Besonders wichtig war uns von Anfang an, neben dem „gelben Eisen“ unsere besonderen Dienstleitungen und Lösungen erlebbar zu machen. Deshalb wird es auch in diesem Jahr wieder auf unserem Messestand eine große Service-Area geben.

Baublatt: Wie schafft man es, sich als Unternehmen auf einer bauma immer wieder neu zu erfinden und alle zu überraschen?

Michael Heidemann: Wichtig ist, dass man sich nicht auf seinen Erfolgen von gestern ausruht, sondern alles dafür tut, noch besser zu werden und sich im Interesse seiner Kunden weiterentwickelt. Im Mittelpunkt der bauma standen und stehen die neuesten technischen Innovationen für die Branche. Wir werden einen großen Querschnitt der umfangreichen Caterpillar Produktpalette präsentieren: Vom großen Ladespiel für den Steinbruch und das Zementwerk bis zum Minibagger für den Garten- und Landschaftsbau. Ein weiterer Schwerpunkt werden Sonderausrüstungen und Anbaugeräte für den Abbruch, das Recycling, den Materialumschlag und den Bahnbau darstellen. Zeppelin Rental wird in der Halle B6 das umfassendste Lösungsangebot für die Bauindustrie aller Zeiten zeigen: Mietgeräte, Fahrzeuge, temporäre Infrastruktur, Heizungen und Klimatechnik, Baustrom und Bauwasser, Baustellen- und Verkehrssicherung und komplette Lösungen für die Baustellenlogistik. Nachhaltigkeit wird auf der kommenden bauma eine wichtige Rolle spielen. So stehen Themen wie die Elektrifizierung und besonders sparsame Antriebssysteme ganz oben auf der Tagesordnung.

Baublatt: Bislang hat Zeppelin auch davon profitiert, dass viele Kunden aus Russland und der Ukraine auf der bauma investiert haben. Wie sehr schmerzt Zeppelin, dass Mitarbeiter und Besucher aus dieser Region der Messe fernbleiben?

Peter Gerstmann: Der furchtbare Angriffskrieg hat großen Einfluss auf die bauma und wird zu Einschnitten führen. Auf der bauma der letzten Jahre sind viele persönliche Beziehungen und Kontakte in und nach Russland entstanden. Wir hatten einen engen Austausch mit Kollegen und mit Kunden gepflegt. Sie werden sicherlich nicht zur bauma kommen. Dafür rechnen wir verstärkt mit Besuchern aus der Ukraine und freuen uns sehr über ihr Kommen. Es wird jedoch auch sehr emotional werden, wenn sie auf der Messe von ihren persönlichen Erfahrungen vom Krieg berichten werden. Ihnen müssen wir in jedem Fall gerecht werden.

Michael Heidemann: Gleichzeitig werden wir auch erstmals Zeppelin Mitarbeiter und Kunden aus Skandinavien, also aus Schweden, Dänemark und Grönland, begrüßen dürfen, die durch unsere neue strategische Geschäftseinheit Nordics hinzugekommen sind. Aber egal, aus welcher Ecke der Welt Besucher auch anreisen: Bei Zeppelin ist jeder herzlich willkommen.

Baublatt: Wegen der Corona-Pandemie wurde die bauma diesmal von April auf Oktober verschoben. Das Geschäftsjahr ist dann fast gelaufen. Hat der spätere Messetermin Folgen für das Geschäft? Wird sich die aktuelle Situation wie Lieferzeiten, Rohstoffmangel und Energiekrise im Investitionsverhalten niederschlagen?

Michael Heidemann: Ich gehe davon aus, dass die bauma 2025 wieder im April stattfinden wird. Für die Baubranche ist das Frühjahr immer der Startpunkt in die neue Bausaison und deshalb ein idealer Zeitpunkt für eine Messe wie die bauma. Allerdings muss man angesichts der längeren Lieferzeiten schon bald seine Investitionsentscheidungen treffen, um dann im nächsten Jahr startklar zu sein und das nötige Equipment für seine Aufträge zu haben. Deshalb passt der Messetermin im Herbst in diesem Jahr unter den aktuellen Bedingungen doch sehr gut. So gesehen ist der Herbst 2022 in Bezug auf Investitionen eigentlich bereits das Frühjahr 2023.

Baublatt: Mit welchen Erwartungen blicken Sie nun auf die kommende und Ihre letzte bauma und worauf freuen Sie sich besonders?

Michael Heidemann: Viele Kunden haben sich bereits mit mir verabredet. Es wird schön sein, sich nach so langer Zeit einmal wieder zu sehen. Die letzte bauma liegt ja immerhin dreieinhalb Jahre zurück. Ich freue mich daher auf viele Gespräche und die besondere, fast schon familiäre Messeatmosphäre. Es macht einfach große Freude, zusammen mit dem ganzen Messeteam unsere Kunden auf der bauma zu begrüßen.

Peter Gerstmann: Das kann ich eigentlich nur noch ergänzen: Der Austausch auf dem Messestand wird sicherlich sehr belebend und der Spirit der bauma wird motivierend. Und ich hoffe darauf, dass du dann wieder deine Wette verlierst und deinen Wetteinsatz einlösen musst.

Baublatt: Topp, die Wette gilt.

September/Oktober 2022