3D-Druck mit Beton

Ein Haus in 24 Stunden – in Zukunft könnten Häuser in diesem Tempo entstehen. Wie das geht, führte erst das auf 3D-Drucker für die Bauindustrie spezialisierte Unternehmen Apis Cor mit Sitz in Moskau, San Francisco und Irkutsk vor, und druckte den Rohbau aus Beton. Zusammen mit der Isolierung, Fenster, Türen, Boden und Außenanstrich wurde das Haus auf 38 Quadratmeter Fläche für rund 10 000 Dollar produziert.

Entstand in 24 Stunden aus dem 3D-Drucker: das 38 Quadratmeter große Haus. Fotos: Apis Vor

3D-Druck im Hausbau ist an sich nicht ganz neu – additive Fertigungsmethoden hielten bereits in China Einzug, als vor drei Jahren ganze zehn Häuser an einem Tag entstanden. Doch wurden hier immer nur einzelne Bauteile wie Wände aus dem 3D-Drucker hergestellt, die im Anschluss montiert wurden. Apis Cor ist es erstmals gelungen, ein Haus quasi am Stück auszudrucken. Russische Ingenieure entwickelten einen Drucker, der auf der Bodenplatte positioniert wurde und dann um sich herum die Außenund Zwischenwände aus Spezialbeton aufbaute. Der Ähnlichkeiten mit einem Kran aufweisende 3D-Drucker sprühte über Düsen, die an einem Arm befestigte waren, Beton aus, während der Roboter Bewegungen nach dem Druckplan ausführte. Schicht für Schicht wurde so der Baustoff aufgetragen. Der Drucker konnte sich dabei komplett um 360 Grad drehen und eine Fläche von 132 Quadratmetern bearbeiten. Mithilfe des Auslegers konnte der Drucker je nach Größe jeden Punkt im Umkreis von vier bis 8,5 Metern erreichen. Über einen Kran wurde dann die Druckmaschine herausgehoben, damit dann noch das Flachdach aus Polymerplatten fertig gestellt und Fenster wie Türen eingesetzt werden konnten. Hier war dann wiederum Handarbeit gefordert.

Die per Drucker erzeugten Betonwände sind nicht massiv, sondern haben einen Hohlraum. Um Stabilität zu erreichen, erstellte der Drucker geschwungene Querverbindungen. Außerdem diente der Einsatz von Fiberglas der Verstärkung. Verfüllt wurden die Hohlräume mit Dämmmaterial. Hier experimentierte Abis Cor mit festen Polyurethan-Schaumstoffschnipseln und flüssigen Polyurethanen. Auf die Außenwände wurde ein wärmeisolierender Rauputz aufgebracht. Das Haus soll Temperaturen von Minus 60 Grad Celsius standhalten können. Apis Cor gibt als Lebensdauer für das Gebäude rund 50 Jahre an. Mit dem Vorhaben wollte das Startup zeigen, wie schnell mithilfe von 3D-Printern gebaut werden kann. Laut dem Unternehmen gab es keinen Ausschuss, weil nur so viel Baumaterial erzeugt wurde, wie auch verwendet wurde. Selbst wenn das Haus eine geschwungene Form aufweist, sind genauso andere Grundrisse möglich.

Additive Fertigungsverfahren wie der 3D‐Druck haben in den letzten Jahren in nahezu allen Bereichen der Industrie Einzug gehalten und begeistern mit beinahe unbegrenzten Anwendungsmöglichkeiten und einer beeindruckenden Materialvielfalt. Aktuell sind weltweit, hauptsächlich im Bereich des Beton‐Fertigteilbaus, diverse Bestrebungen zu beobachten, dieses moderne Produktionsverfahren in die Baubranche zu übertragen. Auch in Deutschland wird an Druckverfahren rund um Beton geforscht, der als einer der wichtigsten Baustoffe weltweit gilt. Alleine hierzulande werden rund 46 Millionen Kubikmeter Transportbeton jedes Jahr produziert. Doch die übliche Ortbetonbauweise ist gekennzeichnet durch hohen Personaleinsatz und erfordert einen sehr großen Aufwand für Gerüstund Schalungsarbeiten. Häufig müssen Schalungssysteme an die Gegebenheiten vor Ort angepasst werden. In Folge davon ergeben sich ein immenser Verbrauch von wertvollen Rohstoffen und hohe Lohnkosten. Diese Nachteile trieben den Lehrstuhl für Baumaschinentechnik, das Institut für Baustoffe sowie das Institut für Baubetriebswesen der TU Dresden an, an einem neuen Verfahren auf Grundlage einer schalungsfreien Betontechnologie zu forschen. CONPrint 3D, ein Konzept einer thermohydraulischen Freikolbenmaschine für den 3D-Druck von Beton, wurde aus der Taufe gehoben.

Bei den bisherigen Bestrebungen, derartige Verfahren praxisreif zu machen, ging es vorrangig darum, in den Produktionsstätten und je nach Kundenwunsch individuell gefertigte Betonteile herzustellen. Die Wissenschaftler aus Dresden dagegen wollen den 3D-Druck nicht nur direkt auf die Baustelle bringen, sie wollen auch vorhandene Maschinen wie Autobetonpumpen als Basis für ihre neue Technik nutzen. Und zwar so, dass diese Maschinen weiterhin auch für ihren ursprünglichen Zweck eingesetzt werden können. Kern des Verfahrens ist der schichtenweise Auftrag eines schnell erhärtenden Spezialbetons aus einem Druckkopf, der die anspruchsvollen Anforderungen hinsichtlich der Verarbeitung erfüllt und bezüglich seiner betontechnologischen Eigenschaften den konventionellen Baustoffen mindestens gleichwertig ist. Der Druckkopf wird geometrisch präzise mithilfe eines Großraumroboters geführt. Die neuartige Betoneinbautechnologie wird in den gesamten Bauprozess integriert, von der Planung bis hin zum fertigen Rohbau. Die für den Beton‐3DDruck notwendigen Datenstrukturen werden in der Planungsphase generiert und dienen in der Ausführungsphase zur Steuerung und Überwachung der Großraumrobotik. Nicht nur die Bauprozesse, sondern auch die Bauformen könnten so revolutioniert werden. Schalungsarbeiten können entfallen, wodurch Material- und Personaleinsatz optimiert werden. Erste Erfolge wurden auf der bauma 2016 vermeldet. Dort erhielt das Projekt den Innovationspreis in der Kategorie Forschung.

März/April 2017