Infrastruktur wiederaufbauen

Überflutet und zerstört: Tief Bernd hat Straßen und Autobahnen, Brücken und Bahngleise sowie Gas-, Telefon- und Stromleitungen massive Schäden zugefügt, indem sie von Wassermassen unterspült oder weggerissen wurden. Das durch Starkregen ausgelöste Hochwasser führte zu Bergen von Abfall, Müll und Schrott. Das große Aufräumen und der Wiederaufbau beginnen und werden Deutschland noch monatelang beschäftigen.

„Die Erfahrung der Jahrhundertereignisse in Münster im Jahr 2014 hat gezeigt: Es fällt bei Aufräumarbeiten nach Überflutungen viel Sperrmüll an und auch verschiedene Abfälle, gewerbliche wie Siedlungsabfälle, müssen weiter verlässlich entsorgt werden. Hier geht es dann darum, konkrete Hilfe mit Sammelfahrzeugen und Kapazitäten bei der Müllverbrennung zur Verfügung zu stellen“, so Patrick Hasenkamp, Vizepräsident des Verbands kommunaler Unternehmen und Leiter der Abfallwirtschaftsbetriebe Münster zur Hochwasserkatastrophe. So wurde mit Hochdruck daran gearbeitet, Straßen wieder passierbar zu machen und von Schutt und Müll zu befreien.

Besonders gravierend sind die Folgen für die A1, als ein Teil des Standstreifens abbrach und in die Erft stürzte. So wie die A1 hat es auch besonders hart die A61 erwischt. Zwischen den Autobahnkreuzen Kerpen und Meckenheim existiert überhaupt keine Fahrbahn mehr. Bis die Schäden behoben werden können, wird es für den Verkehr in den von Hochwasser betroffenen Regionen erhebliche Beeinträchtigungen geben. In jedem Fall sind massive Investitionen in die Sanierung und Instandsetzung nötig, teilt die Autobahn GmbH mit. Zur Entlastung des Verkehrsnetzes wird sie zudem einige der für die nächste Zeit geplanten Baustellen kurzfristig absagen, kündigt sie bereits an. Das wird sich dann auch auf die Verkehrslage in der gesamten Region auswirken, wenn der Verkehr umgeleitet werden muss.

Auch in den Voralpen, insbesondere im Berchtesgadener Landkreis, war das THW im Einsatz, wie hier die Fachgruppe Räumen des Ortsverbandes Dachau, um mit einem Radlader Einsatzkräfte sowie Menschen vor Ort zu unterstützen. Murenabgänge, ausgelöst durch den Starkregen, beförderten Erde, Geröll und Schlamm auf Zufahrtstraßen in und um Bischofswiesen. Foto: THW

Noch läuft die Schadensaufnahme, um alle Schäden an Bundes-, Landes- sowie kommunalen Straßen sowie Brücken zu erfassen. An manchen Stellen lassen die Wasserstände dies noch nicht zu. Allein fünf Brückenprüftrupps des Landesbetriebs Mobilität Rheinland-Pfalz sind vollständig für Brücken im Hochwassergebiet eingesetzt. Ziel ist es, möglichst schnell stehende Brücken zu begutachten und, wo möglich, wieder freigeben zu können. Darüber hinaus wird versucht, auch weiteres externes Personal für Infrastrukturprüfungen zu akquirieren.

Die Folgen der Unwetter in Süd- und Westdeutschland fordern nicht nur Expertise, um Schäden zu bewerten, sondern auch unmittelbar zeigten mehr als 2 500 Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks (THW), was sie leisten können. Unter anderem retteten sie Personen, pumpten Wasser ab und sicherten Deiche und Häuser. Um kurzfristig für die Bewohner und Einsatzkräfte den Zugang zu den abgeschnittenen Gebieten wiederherzustellen, errichteten Helfer des THW Behelfsbrücken. So wie etwa in Bad Neuenahr. Zunächst bereiteten die Helfer das Gebiet dafür vor, indem sie die Stelle freiräumten. Für die provisorischen Bauwerke stehen den Experten unterschiedliche Brückentypen zur Verfügung, um flexibel auf die jeweilige Situation zu reagieren. Neben der Bailey-Brücke, die ohne spezielle Maschinen errichtet wird, gibt es die mithilfe eines Krans zu montierende „Krupp D“-Brücke. Außerdem ist das THW in der Lage, Eisenbahnbehelfsbrücken mit einer Spannweite von 120 Metern zu errichten. So garantieren sie die Verkehrsanbindung. „Unsere Helfer sind seit Tagen unermüdlich im Unwetter- Einsatz, um Menschenleben zu retten, aber auch Infrastruktur und Sachwerte zu schützen“, so THW-Präsident Gerd Friedsam zum Engagement der Ehrenamtlichen.

Die Folgen der katastrophalen Unwetter haben auch zu erheblichen Schäden an Strom- und Gasnetzen geführt. Versorger arbeiteten unter Hochdruck, Leitungen instand zu setzen und die Stromversorgung wiederherzustellen. Der Tagebau Inden und das angeschlossene Kraftwerk Weisweiler von RWE waren massiv betroffen. Auch die Hochwasser führende Inde war über die Ufer getreten, hat bei Lamersdorf einen Deich überspült und ist dann in den Tagebau eingedrungen. Die von RWE betriebenen Laufwasserkraftwerke in der Eifel, an Mosel, Saar und Ruhr kämpften ebenfalls mit den Folgen des Hochwassers. Bis auf die Anlagen Baldeney und Unkelmühle mussten alle außer Betrieb genommen werden. Nach einer ersten Bestandsaufnahme beläuft sich der Schaden für RWE insgesamt auf einen mittleren zweistelligen Millionen-Euro- Betrag.

Techniker der Telekom berichteten von unvorstellbaren Schäden, die selbst die erfahrenen unter ihnen so noch nicht erlebt haben. Um möglichst schnell wieder eine Grundversorgung von Festnetz und Mobilfunk herstellen zu können, arbeiteten die Teams Tag und Nacht, die Mobilfunkstandorte ans Netz anschließen zu können. Dennoch bleibt es angesichts der Zerstörungen eine Herkulesaufgabe.

Juli/August 2021